"Die Hardliner aus den Ländern haben sich durchgesetzt, die SPD ist umgefallen", resümiert Sevim Dagdelen die Einigung auf eine Bleiberechtsregelung. Aus Sicht von Ulla Jelpke wurde der ohnehin armselige Koalitionsvorschlag noch weiter verschlimmbessert. Für beide Politikerinnen steht fest, dass die Bleiberechtsregelung neue Kettenduldungen schafft und Menschen in die Illegalität treibt.

Nach jahrelanger Ausgrenzung erhalten nun auch Flüchtlinge mit Bleiberechtsperspektive formal die Möglichkeit einer Ausbildungsförderung. In der Praxis gibt es aber noch viele Probleme zu überwinden. Sevim Dagdelen und Nele Hirsch fordern deshalb wenigstens eine Vorgriffsregelung: "Die Jobcenter und Sozialämter müssen zumindest bis die Änderungen des BAföG und des SGB III in Kraft treten übergangsweise Leistungen erbringen."
"DIE LINKE. lehnt eine Verschärfung der Einbürgerungsbedingungen entschieden ab", kommentiert Sevim Dagdelen einen entsprechenden Bundesratsbeschluss. "Notwendig sind keine Verschärfungen der Regelungen, sondern eine erleichterte Einbürgerung."
"Die Regierung missbraucht das Problem der Zwangsheirat, um den Ehegattennachzug nach Deutschland einzuschränken", kritisiert Sevim Dagdelen. Auf der Strecke blieben die betroffenen Frauen. "Ich kann die Bundesregierung nur auffordern, endlich den Sachverstand und nicht den Stammtisch entscheiden zu lassen."
Wer wie Edmund Stoiber in der Debatte um eine Neuregelung des Bleibrechts versucht, rassistische und wohlstandschauvinistische Vorurteile auszunutzen, macht rassistisches Gedankengut hoffähig und öffnet Parteien wie der NPD Tür und Tor. Seine Botschaft, der Kompromiss werde nennenswerte Ergebnisse für die Betroffenen bringen, ist außerdem absurd. Der Kompromiss wurde durch extreme Verschärfungen beim Familiennachzug und bei der Verlängerung einer einmal erteilten Aufenthaltsgenehmigung erkauft.
Die Bleiberechtsregelung ist keine humanitäre Lösung, sondern eine sozialökonomische Selektion. Der geforderte Nachweis eines Arbeitsplatzes ist bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation für viele Betroffene eine unüberwindbare Hürde. Das ist gewollt, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. bemerkt. Zentrales Ziel der Innenminister ist es, "Zuwanderung in die Sozialsysteme zu vermeiden".
Schönfärberei bei den Integrationskursen hilft nicht weiter, sie verhindert die notwendige Analyse. Die wiederum ist die Voraussetzung einer wirksameren Integrationspolitik. Der Versuch der Koalition, das Ramboll-Gutachten zu den Integrationskursen des Zuwanderungsgesetzes zu einer Erfolgsgeschichte der deutschen Integrationspolitik umzudeuten, ist deshalb kontraproduktiv.
Als Deckmantel ihrer integrationspolitischen Diskriminierungspolitik dient der Bundesregierung die fällige Umsetzung von EU-Richtlinien", so Dagdelen. "Bleibt es bei den Plänen, hat sich die Union in der Zuwanderungspolitik wieder einmal gegen die SPD durchgesetzt", ergänzt Jelpke. DIE LINKE. fordert die Bundesregierung auf, ihre integrationsfeindliche Politik aufzugeben und die Verschärfung des Zuwanderungsrechts zurückzunehmen.
Fast 175.000 Menschen gelten in Deutschland als „geduldet“. Ihnen wird bisher jede Integration in die Gesellschaft verweigert und damit jegliche Lebensperspektive genommen. Die Beschlusslage der Innenministerkonferenz ist genauso unzureichend wie die bisherigen Pläne der Koalition für eine Bleiberechtsregelung im Aufenthaltsgesetz. Beide wollen nicht Diskriminierung und Not von zehntausenden Menschen beseitigen, sondern das Problem unter administrativen Kosten-Nutzen-Rechnungen lösen.
Die meisten Flüchtlinge sind weiterhin von einer Bleiberechtsperspektive ausgeschlossen. Bleiben sollen nur jene können, die Arbeit gefunden haben, von der sie weitgehend leben können. Damit setzt sich wieder die Union mit ihren ausländerfeindlichen Vorstellungen gegenüber der SPD nach dem Grundsatz: Humanität nur unter Finanzierungsvorbehalt. DIE LINKE. fordert ein Bleiberecht, die mit der jetzigen deutschen Ausländerpolitik bricht und geduldeten Flüchtlingen endlich eine Perspektive gibt.