Die Konferenz in London bietet die Chance, den Bologna-Prozess auf eine neue, soziale Grundlage zu stellen. Wir fordern Ministerin Schavan auf, hierzu die Initiative zu ergreifen.
Die viel zitierte soziale Dimension im Bologna-Prozess ist bisher nicht mit konkreten Forderungen untersetzt und verkommt somit mehr und mehr zu einem weitgehend wirkungslosen sozialen Deckmäntelchen.

Die Bundesregierung stellt die Freiheit der Arbeitgeber, sich immer weiter aus ihrer Verpflichtung zur Ausbildung zurückzuziehen, über die Interessen der Jugendlichen. Eine gesetzliche Verpflichtung für einen Rechtsanspruch auf Ausbildung wäre aus ihrer Sicht eine "unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitgeber".
Die Zersplitterung des deutschen Schulsystems soll nach dem Willen von Bundesbildungsministerin Schavan offensichtlich auch an den Hochschulen fortgesetzt werden. Mit der von ihr geforderten Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes wirft sie zentrale Grundlagen für die Vergleichbarkeit und Anerkennung von Studienleistungen über Bord. Ziel muss es sein, den Zugang an die Hochschulen zu öffnen und die Qualität des Studiums zu verbessern.
Ungeachtet der studentischen Proteste hält die Hochschulrektorenkonferenz an ihren unsozialen und undemokratischen Positionen in der Hochschulpolitik fest. "Faktisch machen die Rektorinnen und Rektoren damit Politik gegen den Willen der Studierenden", findet Nele Hirsch. Neuen Auftrieb für den studentischen Protest erhofft sie sich von der bevorstehenden Gründung eines sozialistischen Hochschulverbands.
Der Bologna-Prozess wird immer mehr der Lissabon-Strategie der EU untergeordnet. Die Internationalisierung der Hochschulbildung soll in erster Linie dem europäischen Wirtschaftsraum dienen. Dagegen fordert Nele Hirsch, den UN-Sozialpakt zur Grundlage des Bologna-Prozesses zu machen, dessen Unterzeichner sich verpflichtet haben, für einem gebührenfreien Hochschulzugang zu sorgen.
23.000 Studierende haben bei der KfW einen Kredit aufgenommen, um ihr Studium finanzieren zu können. Für Nele Hirsch ist das ein Armutszeugnis für die Bildungspolitik der Großen Koalition: "Schon beim Einstieg ins Studium sehen sich zigtausende Studierende nicht in der Lage, ihre Hochschulbildung aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe öffentlicher Ausbildungsförderung zu finanzieren."
Wenn der Hochschulpakt mehr jungen Menschen ein Studium ermöglichen soll, muss die Vergabe von finanziellen Mitteln an die Bedingung gebunden werden, dass die Länder keine Studiengebühren einführen und bestehende Gebühren abschaffen. Ein offener Zugang an die Hochschulen setzt Gebührenfreiheit voraus. Neben Studiengebühren erschwert die mangelhafte Studienfinanzierung den Weg an die Hochschulen. DIE LINKE. eine sofortige Erhöhung der BAföG-Sätze um mindestens 10 Prozent.
Die Bundesregierung hat ihre Berufsbildungspolitik im letzten Jahr kein Stück verbessert: Sie feiert sich für einen wirkungslosen Ausbildungspakt. Dabei verspricht sie Jugendlichen staatlich subventionierte Praktika statt Ausbildungsplätze zu schaffen und weigert sich hartnäckig, endlich eine realistische Ausbildungsbilanz vorzulegen. DIE LINKE. fordert ein Recht auf Ausbildung für alle Jugendlichen und die Einführung einer gesetzlichen Ausbildungsplatzumlage.
Das neue Online-Portal www.unicheck.de ist ein weiterer billiger Versuch, Studiengebühren als Normalität erscheinen zu lassen und den Protest gegen ihre Einführung zu schwächen. Hinter dem Projekt steht die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Sie behauptet, neutral und überparteilich zu sein. Finanziert wird sie jedoch vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall. DIE LINKE. lehnt Studiengebühren weiterhin ab. Die Teilhabe an Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängig gemacht werden.
"Entgegen aller Sonntagsreden sind die Ausgaben für Bildung gesunken. Die zusätzlichen Ausgaben im Bereich Kindergärten, Schulen, Ausbildung und Hochschulen sind mit rund einem Prozent marginal", so Nele Hirsch. Volker Schneider stellt hierzu klar: "Im internationalen Vergleich sind wir was die Ergebnisse anbelangt, siehe Pisa, siehe OECD-Studie, im unteren Drittel angelangt. Kein Wunder, denn in diesem Bereich bewegen sich auch unsere Bildungsausgaben."