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Werden Kriege zukünftig übers Internet geführt?

Im Wortlaut von Halina Wawzyniak,

Foto: Sascha Nolte

 

 

Halina Wawzyniak, netzpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, über die Ziele der Konferenz »Netz für alle« am 15. September, die Rolle von Netzpolitik für DIE LINKE sowie das Phänomen namens Piraten


Netzpolitik ist ja noch ein recht junges Politikfeld. Ist die Konferenz also nur etwas für Experten?

Halina Wawzyniak: Überhaupt nicht. Immer mehr Menschen nutzen das Internet im Alltag ganz selbstverständlich. Wir informieren uns im Netz, kaufen im Netz ein, tragen ein Smartphone mit uns rum und organisieren unser Leben in sozialen Netzwerken. Auf der Konferenz diskutieren wir Fragen, die alle Internetnutzerinnen und –nutzer angehen: Welche Macht haben die großen Internetkonzerne? Wer kontrolliert eigentlich die Datenströme und Inhalte im Netz? Wie weit darf staatliche Überwachung im Netz gehen? Wie können wir das Internet für mehr Demokratie und Teilhabe nutzen?

Auf welche Teilnehmer freuen Sie sich besonders?

Ich will da eigentlich niemanden rausgreifen, weil wir für unsere Diskussionen jeweils Aktivisten, Politiker und Wirtschaftsvertreter gewinnen konnten, die wissen, wovon sie sprechen. Ich freue mich aber, dass unser Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi einen Eröffnungsbeitrag halten wird. Dies zeigt, dass wir auch vermeintliche Spartenthemen wie die Netzpolitik ernst nehmen. Toll finde ich auch, dass wir mit Tom Sorell einen Beteiligten des INDECT-Programms gewinnen konnten, der hoffentlich ein wenig Licht in die Absichten und Arbeit rund um INDECT bringen kann.

Was ist INDECT und warum sollte uns das interessieren?

INDECT ist ein europäisches Forschungsprojekt im Bereich vernetzter Überwachung. In diesem und anderen Programmen wird erforscht, wie öffentliche Plätze, Demonstrationen, Menschenmengen allgemein - also der Großteil des öffentlichen Lebens außerhalb der eigenen Wohnung - überwacht werden kann. Kameras, Drohnen und Sensoren sollen beispielsweise erkennen, ob sich eine Person im öffentlichen Raum "verdächtig" bewegt. Polizeien und Geheimdienste sollen im Vorfeld voraussagen können, wo und wie Menschen Verbrechen begehen. Dabei droht allerdings die totale Überwachung allen öffentlichen Lebens. Wir würden alle in der Gefahr leben, auch irrtümlich ins Visier von Sicherheitsbehörden zu geraten und Repressionen ausgesetzt zu sein. In einer solchen Welt will sicher niemand leben.

Mit Netzpolitik verbindet vielleicht nicht jeder sofort DIE LINKE. Gehört Netzpolitik eigentlich zu den Kernthemen der LINKEN?

Netzpolitik ist ein besonderes Querschnittsthema. Mit dem Internet verbinden sich auch Fragen der sozialen Gerechtigkeit: Wer kann das Internet nutzen? Fragen nach guter Arbeit: Welche Auswirkungen hat das Netz auf die Arbeitsbedingungen? Und Fragen von Frieden: Werden Kriege zukünftig übers Internet geführt? Da wir uns dieser breiten Palette von Netzpolitik bewusst sind, beziehen wir solche Aspekte in alle Politikbereiche mit ein. Dabei wollen wir das Internet vor allem als Motor einer freien, sozial gerechten und friedlichen Welt bewahren und ausbauen.

Die etablierten Parteien reagieren oftmals unbeholfen auf das Phänomen der Piratenpartei, vor allem die Grünen auch aggressiv. Wie geht DIE LINKE mit den Piraten um?

Die Piraten sind eine Projektionsfläche vieler Menschen in unserem Land - nicht nur in netzpolitischen Fragen. Wir setzen uns mit den inhaltlichen und demokratischen Aspekten dieses Phänomens kritisch auseinander. Statt die Piraten zu verteufeln, laden wir sie ein, mit uns zu diskutieren. Ich persönlich habe in den letzten Monaten einige gute Kontakte mit ihnen aufbauen können. Daher freue ich mich, dass wir mit Stephan Urbach einen Piraten, Netzaktivisten und ausgewiesenen Kenner der Materie für unsere Konferenz gewinnen konnten.
 

Alle Infos zur Konferenz gibt’s unter: www.netzfueralle.de

 

linksfraktion.de, 14. September 2012