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Herausgabe von NS-Raubkunst rechtlich verbindlich regeln

Im Wortlaut von Sigrid Hupach,

 

Von Sigrid Hupach, für DIE LINKE Obfrau im Ausschuss für Kultur und Medien


Das Jahr 2014 ist ein Jahr der Gedenktage: Zum hundertsten Mal jährt sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, vor 75 Jahren begann der zweite Weltkrieg, die Mauer fiel vor 25 Jahren. In dieser historisch aufgeladenen Zeit wird in Deutschland eine politisch-mediale Debatte über NS-Raubkunst geführt. Seit der Enthüllung des sogenannten "Schwabinger Kunstfundes" im November 2013 durch die Wochenzeitschrift Focus beschäftigen sich nationale und internationale Feuilletons, die Staatsanwaltschaft Augsburg, Kunstrechtsexperten und Politiker mit der Frage, wie und ob sogenannte "Raubkunst", NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter, im Jahr 2014 zurückgegeben, das heißt restituiert werden können.

Der Fund und die Beschlagnahme des privaten Bilderschatzes von Cornelius Gurlitt haben sich inzwischen zu einem international beachteten Skandal entwickelt, der in der aktuellen Forderung des American Jewish Committees nach der Einsetzung einer Enquete Kommission zum Thema NS-Raubkunst gipfelt. Länder wie Israel oder die USA reagieren auf die als bürokratisch kalt empfundene Haltung der Bundesregierung und die Verjährungsfrist für NS-Raubkunst mit Unverständnis.


Regierung spielt auf Zeit

Die Fraktion DIE LINKE hat schon im November 2013 in einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung die Frage gestellt, welche rechtlichen Konsequenzen sie aus dem Schwabinger Kunstfund ziehen will. Die Antwort, welche Versäumnisse der Bundesregierung eingestand, spiegelt insgesamt die Intransparenz und Zögerlichkeit, die den "Fall Gurlitt" bisher auf skandalöse Art kennzeichnen, wieder. Man will die Rechtslage prüfen. Unbeantwortet bleibt, warum erst 18 Monate nach Entdeckung des Bilderschatzes eine Taskforce Schwabinger Kunstfund eingesetzt wurde und die Namen der darin vertretenen Experten bis heute wie ein Staatsgeheimnis behandelt werden. Unklar bleibt auch, auf welcher rechtlichen Grundlage Cornelius Gurlitts Bilder noch immer in der Obhut der Staatsanwaltschaft Augsburg sind und auf der Lost Art Datenbank der Koordinierungsstelle Magdeburg veröffentlicht werden.

Die Bundesregierung spielt hier auf Zeit. Zeit, die die Erben der Menschen, denen das Nazi-Regime ihr Eigentum abpresste, nicht haben. Das ist 75 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschämend.

Die aktuellen Vorhaben der Bundesregierung und Kulturstaatsministerin Monika Grütters bleiben weiterhin im Dunkeln. Das Gespräch mit den Ländern und der Kultusministerkonferenz soll gesucht werden, die inzwischen vom Bayerischen Justizminister eingebrachte Gesetzesinitiative zur Verjährungsfrist soll geprüft werden. Der Koalitionsvertrag verspricht eine Stärkung der Provenienzforschung.


Washingtoner Erklärung von 1998 zur NS-Raubkunst endlich konsequent umsetzen

All das sind nicht viel mehr als Absichtserklärungen. Dabei liegt auf der Hand, was zu tun wäre. Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag tritt dafür ein, dass Deutschland die Washingtoner Erklärung von 1998 zur NS-Raubkunst endlich konsequent und verbindlich umsetzen muss. Die Provenienzforschung muss finanziell auf eine breitere Grundlage gestellt werden, wir brauchen mehr feste Stellen in diesem Bereich, klare Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern und eine eindeutige, gut koordinierte Struktur. Öffentliche Museen und Sammlungen müssen verpflichtet werden, ihre Bestände auf Provenienz zu erforschen und belastete Kunstgegenstände öffentlich zu machen, und es muss eine moralisch vertretbare Regelung für NS-Raubkunst in Privatbesitz gefunden werden. Die sogenannte "Limbach-Kommission" muss gestärkt werden, hier braucht es Experten und eine transparente Dokumentation der Beratungen und Empfehlungen. Die Kommission muss im Streitfall auch einseitig anrufbar sein.

Bereits vergangenen Mittwoch habe ich nach der Konstituierung des Kulturausschusses des Bundestages eine Experten-Anhörung zum Thema NS-Raubkunst angeregt. Die seit dem Bekanntwerden des "Schwabinger Kunstfundes" nicht abreißenden Enthüllungen über NS-Raubkunst in deutschen Museen und Sammlungen zeigen, dass wir dringend rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen für die Herausgabe von NS-Raubkunst brauchen.

linksfraktion.de, 22. Januar 2014