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Eine Frage der Demokratie

Im Wortlaut von Kathrin Senger-Schäfer,

LINKE fordert umfassende Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Von Aert van Riel

Über den ZDF-Staatsvertrag wird seit Wochen debattiert. Grüne und LINKE wollen deswegen sogar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Nun setzt sich die Linkspartei für grundsätzliche Änderungen in der Medienpolitik ein.

Der Einfluss der CDU auf das ZDF wurde im vergangenen Jahr deutlich, als Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) den ZDF-Verwaltungsrat bewegte, den Vertrag des Chefredakteurs Nikolaus Brender nicht zu verlängern. Kritiker werfen Koch vor, ihm habe der parteipolitisch unabhängige Brender nicht gepasst.

Die Personalie Brender hat eine Debatte über Verbindungen zwischen Parteien, Staat und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entfacht. Am 25. Februar wird die Rundfunkkommission der Länder in Berlin über die Zusammensetzung des Fernseh- und Verwaltungsrates beim ZDF beraten. Kurt Beck, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, will bei der Wahl des Chefredakteurs die Rolle des Intendanten gegenüber dem Verwaltungsrat stärken. Zudem fordert der SPD-Politiker, den Einfluss der Ministerpräsidenten auf die Zusammensetzung des Fernsehrates einzuschränken.

Grünen und Linkspartei gehen diese Forderungen nicht weit genug. Becks Vorschläge würden den Einfluss der Parteien nicht grundsätzlich stören. Grünen-Politikerin Tabea Rößner bezweifelt zudem, dass die Pläne gegen die Union überhaupt durchgesetzt werden können. Die Grünen wollen zusammen mit der Linkspartei den ZDF-Staatsvertrag in einem Normenkontrollverfahren vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Wegen der mangelnden Staatsferne der ZDF-Aufsichtsgremien sehen sie das Grundrecht der Rundfunkfreiheit verletzt. Um die Klage einreichen zu können, fehlen ihnen noch 12 Stimmen im Bundestag. Kathrin Senger-Schäfer, medienpolitische Sprecherin der LINKEN, hofft auf parteiübergreifende Unterstützung, da es sich um eine Frage der Demokratie handele. »Wir betrachten die Öffentlich-Rechtlichen in der Gewaltenteilung als vierte Säule«, so Senger-Schäfer. Mittelfristig fordert sie, die Gremien anders zusammenzusetzen. »Hier sollten auch NGOs wie Attac und Greenpeace sowie demokratische Bürgerbewegungen vertreten sein«, schlug die Abgeordnete vor. Zudem müsse mehr Transparenz geschaffen werden. Denn in den Gremien werde auch hinter verschlossenen Türen verhandelt, gab Senger-Schäfer zu bedenken.

Im Zuge der Debatte um den ZDF-Staatsvertrag fordert die LINKE nun grundsätzliche Änderungen in der Medienpolitik. Dabei geht es auch um die Rundfunkgebühren, die im Juni geändert werden sollen. Die LINKE setzt sich dafür ein, die bisherige geräteabhängige Gebühr nicht durch eine Haushaltsabgabe zu ersetzen. Zudem sollte die Gebührenbefreiung auf Geringverdiener, Auszubildende und Studierende ausgeweitet werden. Grundsätzlich sind Gebühren für die LINKE nur dann legitim, wenn die politische Unabhängigkeit der Sender gewährleistet ist.

Neben der Parteinähe kritisiert die Linkspartei die Programmqualität der Öffentlich-Rechtlichen. »Diese haben auch einen Bildungsauftrag. Doch beispielsweise Sprachsendungen im Fernsehen gehören inzwischen der Vergangenheit an«, monierte Senger-Schäfer. Ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihren Gründungsauftrag überhaupt noch erfüllten, sei fraglich. Um die Qualität zu verbessern, sollten die Öffentlich-Rechtlichen - mit Ausnahme von Sportübertragungen - auf die Finanzierungen durch Werbung und Sponsoring verzichten. Denn die Auswahl der Sendungen dürfe nicht allein von den Einschaltquoten abhängig gemacht werden.

Neues Deutschland, 23. Februar 2010