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Zukunft des Netzes gemeinsam mit der Netzwelt gestalten

Im Wortlaut von Petra Sitte,

DIE LINKE geht mit konkreten Zielen in die Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« des Bundestages

Die Enquete-Kommission behandelt zentrale Aspekte der digitalen Gesellschaft. Dazu gehören nicht nur Belange des Datenschutzes oder neue Formen politischer Beteiligung im Netz sowie Fragen der Zugänglichkeit von Wissen und digitalen Ressourcen. Dazu gehören insbesondere auch die Arbeitsbedingungen. Mit der Digitalisierung verändern sich ganze Branchen. Klassische Wirtschaftsbereiche kämpfen ums Überleben, neue entstehen. Uns ist es dabei besonders wichtig, die Beschäftigungsverhältnisse nicht aus den Augen zu verlieren. Sittenwidrige Total-Buy-Out-Verträge für Journalistinnen und Journalisten, neue Formen kollaborativer Arbeit in Wikis und Clouds, soziale Standards in der Informationsgesellschaft und eine bessere kollektive Absicherung der Beschäftigten müssen auf den Tisch. In der Kommission der Enquete wollen wir dies thematisieren.

Zu thematisieren gilt auch das Primat der Netzneutralität - des freien und gleichen Informationsflusses im Netz. Wir sind gegen ein Zwei-Klassen-Internet: Jeder hat das Recht auf ein schnelles Netz. Auch die Zugänglichkeit von Informationen ist eine der entscheidenden Fragen, wenn es um die Zukunft des Netzes geht. Wir wollen zudem ein modernes Urheberrecht. Das bestehende Urheberrecht hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wir müssen sicherstellen, dass die Urheber abgesichert werden, und wir müssen sicherstellen, dass die Nutzerinnen und Nutzer gesetzlich garantierte Freiheiten haben. Mashups, Remixes und die Nutzung von Tauschbörsen dürfen nicht kriminalisiert werden. DIE LINKE sagt Nein zu Massenabmahnungen, Strafverfahren und Hausdurchsuchungen bei Jugendlichen. Wir wollen das Urheberrecht zum Gestalten verwenden und nicht als Keule einer untergehenden, bald vergangenen Zeit. Internetsperren lehnen wir grundsätzlich ab.

Schließlich brauchen wir für die Arbeit der Enquete-Kommission Transparenz. Wir brauchen aber insbesondere auch die Expertinnen und Experten und die Nutzerinnen und Nutzer. Wir wollen eine aktive Begleitung der Netzwelt in dieser Kommission. Wir brauchen die Kommentare und die Kritik. Es geht darum, zusammen mit ihnen Antworten zu finden, wie das Netz der Zukunft gestaltet sein soll.

Folgende Grundsätze sind uns wichtig:

Erstens: DIE LINKE steht in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ an der Seite der Nutzerinnen und Nutzer. Transparenz, Partizipation und Chancengleichheit sind für uns handlungsleitende Maximen. Wir nehmen die Nutzerinnen und Nutzer, die Online-Unternehmer, diejenigen, die Abmahnungen im Briefkasten haben, diejenigen, die nicht wissen, wie sie ihr Forum rechtssicher gestalten sollen, diejenigen, die diese Gesellschaft von einer analogen in eine digitale überführen, die Nerds, die Hacker, die Strategen und die vielen unbezahlten und aus Leidenschaft handelnden Netzpolitikerinnen und Netzpolitiker aus der Internet-Community ernst. Es geht uns um die Betreiber und Nutzer von unzähligen Blogs und Websites, diejenigen, die Nachrichten generieren, Informationen über Wikileaks transparent machen, diskutieren und sich kontroverse Debatten liefern.

Zweitens: In der digitalen Welt ist die Freiheit des Wissens zu verteidigen. Offene und freie Systeme wie das Internet, Open Source und Freie Software können als Plattformen zur freien Selbstorganisation, zur Umgehung von Konzernzwängen und Meinungsmacht genutzt werden. Wir lehnen Filtermaßnahmen im Internet durch Zugangsanbieter oder staatliche Stellen grundsätzlich ebenso ab wie jegliche Form von Netzsperren.

Drittens: DIE LINKE tritt für die Beibehaltung der Netzneutralität - des freien und gleichen Informationsflusses im Netz - ein. Unser Ziel ist es, die grundsätzlich offene Technologie des Netzes und sein darauf basierendes Innovations- und Entwicklungspotential zu bewahren.

Viertens: DIE LINKE setzt sich für ein modernes und neues Urheberrecht im Digitalzeitalter ein. Es funktioniert nicht, analoge Vorschriften zu kopieren und in die digitale Welt zu übertragen. Es gilt sicherzustellen, dass die Urheber abgesichert werden und die Freiheit der Nutzerinnen und Nutzer im Netz garantiert bleibt.

Fünftens: DIE LINKE lehnt die Erhebung und ökonomische Verwertung von sensiblen Informationen über digitale Nutzungsgewohnheiten und Konsumpräferenzen durch staatliche Stellen und private Unternehmen ab. Die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer gilt es zu wahren. Nutzerinnen und Nutzer müssen jederzeit und immer neu bestimmen können, ob und zu welchen Zwecken ihre persönlichen Daten von Dritten verwendet werden dürfen.

Sechstens: DIE LINKE fordert „Fair Work“ auch in der digitalen Ökonomie. Wir ergreifen ausdrücklich Partei für die vielen Medien- und Kreativschaffenden, die neuen Formen von Ausbeutung und Prekarisierung unterworfen sind. Sittenwidrige Total-Buy-Out-Verträge für Journalistinnen und Journalisten, neue Formen kollaborativer Arbeit in Wikis und Clouds, soziale Standards in der Informationsgesellschaft und eine bessere kollektive Absicherung der Beschäftigten sind zu thematisieren.

DIE LINKE entsendet als Sachverständige Annette Mühlberg (eGovernment-Expertin und Vorstandsmitglied der Europäischen Internetnutzerorganisation EURALO der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers/ICANN) und Constanze Kurz (Chaos Computer Club, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Informatik für Bildung und Gesellschaft am Institut für Informatik der HU Berlin) in die Enquete-Kommission. Als Mitglieder der Bundestagsfraktion wurden Halina Wawzyniak und Petra Sitte benannt sowie als stellvertretende Mitglieder Herbert Behrens und Jan Korte.

Von Petra Sitte

linksfraktion.de, 30. März 2010