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Zapfpistole in einer Hand aus dem Inneres eines Tanks fotografiert © iStock/Brasil2

Übergewinnsteuer für Kriegsgewinnler!

Der Tankrabatt entpuppt sich als milliardenteures Subventionsprogramm für die Mineralölindustrie. Mit einer vorübergehenden Senkung der Kraftstoffsteuer sollten Autofahrer von den hohen Benzinpreisen entlastet werden. Doch die Mineralölkonzerne geben nur etwa die Hälfte der Ersparnis an Verbraucher weiter.

"Wie lange lässt die Ampel gierige Ölkonzerne auf ihrer Nase herumtanzen, die seit Kriegsbeginn schamlos Kriegsgewinne und jetzt auch noch die Hälfte des Tankrabatts einstreichen, der Bürger entlasten soll", fragt Dietmar Bartsch und fordert: "Wer 2022 zusätzlich 10 Millionen Euro Gewinn macht, kann 25 Prozent Übergewinnsteuer zahlen." Die Linksfraktion fordert in einem atuellen Antrag die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf nach dem Vorbild der italienischen Übergewinnsteuer vorzulegen, der den Teil der Unternehmensgewinne von Energiekonzernen im Geschäftsjahr 2022, der die Gewinne des Vorjahres um mehr als 10 Millionen Euro übersteigt, zusätzlich einer Übergewinnsteuer von 25 Prozent unterwirft.

Shell und Co. haben kurz vor der Steuersenkung erst mal kräftig die Preise angehoben. "Und die Ampelkoalition schaut tatenlos zu, wie sich da auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger die Taschen vollgemacht werden. Es gibt ein Bundeskartellamt. Dafür ist Herr Habeck zuständig. Das gibt Tipps, wie man sich verhalten soll, anstatt einzugreifen und dafür zu sorgen, dass diese Steuersenkung eins zu eins bei den Menschen ankommt", empfiehlt Victor Perli Bundeswirtschaftsminister Habeck von den Grünen.

In der Ampel herrscht weiter Uneinigkeit über eine Übergewinnsteuer. Während die Grünen aufgeschlossen sind, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gerade erst betont, dass es eine Übergewinnsteuer mit ihm nicht geben werde. Er fürchte, "dass eine willkürliche Steuererhöhung für eine einzelne Branche dazu führt, dass es am Ende in Deutschland teurer" werde, so der FDP-Chef. Es könne zu Knappheiten kommen, die dann mit höheren Preisen den Verbraucher treffen. Dass die Bundesregierung "im Unterschied zu Italien, Spanien, Griechenland und sogar einer entsprechenden Planung in Großbritannien keine Übergewinnsteuer für die Kriegsgewinnkonzerne, für die Kriegsgewinnler in Deutschland erheben" will, kritisiert auch Gregor Gysi scharf: "Die sollen reicher und reicher werden, aber dafür keinen Euro zusätzlich bezahlen müssen. Ich weiß, dass die FDP dahintersteckt. Das hat mit Liberalität nichts zu tun, gar nichts."

Die Mineralölkonzerne machen im ersten Quartal 2022 richtig fett Kasse - Gewinnsprünge von über 200 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet damit, dass die hohen Energiepreise in diesem Jahr bis zu 200 Milliarden Euro zusätzlich in die Kassen der Energieanbieter spülen könnten. Sahra Wagenknecht widerspricht Vizekanzler Robert Habeck: Es "werden durchaus nicht alle ärmer, es werden auch einige sehr viel reicher, nämlich die, die die steigenden Preise am Ende kassieren. Einige machen schamlos Reibach mit dem Krieg und die Regierung schaut zu."

Auch Christian Görke erinnert die Regierungskoalition an Italien, wo Ministerpräsident Mario Draghi die Übergewinnsteuer auf Krisengewinne von Energieunternehmen von 10 auf 25 Prozent erhöhen will: "Während die Grünen unterschiedliche Vorschläge machen und Olaf Scholz schon bei der Kanzlerbefragung Anfang April abgeblockt hat, schafft Draghi Tatsachen. Die angebliche Fortschrittskoalition wird vom konservativ geführten Italien in den Schatten gestellt. Während Minister Habeck die Steuer lediglich auf Krisengewinne von Energieunternehmen beschränken will, schlägt Grünen-Chefin Ricarda Lang eine Steuer für alle kriegsbedingten Übergewinne vor. Das wäre nur konsequent! Wir finden, dass alle Großkonzerne besteuert werden sollten, die außerordentliche Gewinne in Krisen machen - von Amazon über Shell bis zu Rheinmetall. Wir haben das schon letzten Sommer im Bundestag eingebracht, da haben sich die Grünen noch enthalten."

Nicht nur bei Shell, Exxon, Total und Co. sprudeln die Gewinne, auch der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall wird seine Geschäfte mit der Bundeswehr in diesem Jahr auf vier Milliarden Euro verdoppeln. An die Anteilseigner werden heute bis zu 150 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet, hieß es im Vorfeld. "Es ist mehr als verwerflich, dass sich im Zuge des entsetzlichen Kriegs in der Ukraine hierzulande die Taschen vollgestopft werden. Seit dem russischen Einmarsch hat sich der Aktienkurs von Rheinmetall mehr als verdoppelt. Und die Ampel-Koalition schafft durch ihre Aufrüstungspläne auch noch beste Voraussetzungen dafür, dass deutsche Rüstungskonzerne von diesem schrecklichen Krieg profitieren. Damit muss endlich Schluss sein", fordert Fraktionsvize Ali Al-Dailami. Auch hier schlißt sich der Kreis zu den Ölgiganten: Bernstein Research und RBC Capital haben berechnet, dass die sieben größten westlichen Energiekonzerne 2022 fast 40 Milliarden Dollar an ihre Anteilseigner ausschütten. Hinzu kommen demnach Dividendenzahlungen von weiteren 50 Milliarden Dollar.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages befasste sich bereits 2021 in einer Ausarbeitung [PDF] mit der Übergewinnsteuer. Denn auch während Corona gingen einige Konzerne als Krisengewinnler aus der Pandemie hervor, während andere Teile der Wirtschaft stark durch die Pandemie geschwächt wurden. In Ihrer Ausarbeitung mahnen die Wissenschaftler an, eine Übergewinnsteuer so auszugestalten," dass sie den materiellen Anforderungen des Grundgesetzes an Steuergesetze genügt." Die dürfe keine erdrosselnde Wirkung haben: "Manche historische Übergewinnsteuern wiesen sehr hohe Steuersätze von bis zu 95 % auf." Vorausgesetzt, die Öl-Riesen werden also nicht erdrosselt, könnte demzufolge Deutschland eine irgendwo zwischen Griechenland (90 %) und Italien (15 - 25 %) ein Übergewinnsteuer erlassen. Vorausgesetzt, die Ampel hat hierzu den politischen Willen.