Zum Hauptinhalt springen

"Staat oder Belegschaft beteiligen"

Im Wortlaut von Oskar Lafontaine,

Oskar Lafontaine, Chef der Bundestagsfraktion und der Partei DIE LINKE findet solch freundliche Worte für die Bundesregierung nicht oft. Im Fall Opel aber begrüßt er die Bereitschaft zur staatlichen Hilfe für den Autobauer.
Allerdings fordert Lafontaine mehr: Statt per Bürgschaft Risiken abzusichern, sollte sich der Staat (oder die Belegschaft oder beide) direkt beteiligen.

Der Staat lässt die Opelaner nicht allein und stützt mit öffentlichem Geld die Industrie. Aus Sicht der Linkspartei könnte es doch auch Oskar Lafontaine als Finanzminister nicht machen?

Richtig. Allerdings haben wir eine zusätzliche Forderung: Wenn staatliches Geld fließt, müssen entweder der Staat oder die Belegschaft oder beide an dem Unternehmen beteiligt werden.

Wenn man Opel hilft, warum dann nicht auch BMW, Daimler oder BASF? Auch dort geraten die Beschäftigten durch die Wirtschaftskrise unter Druck.

Bei Opel geht es darum, eine Insolvenz abzuwenden. Die ist bei Opel ebenso wenig zu verantworten wie bei anderen Großbetrieben. Wenn Opel pleite geht, gehen auch viele Zulieferer pleite.

Darf der Staat einzelnen Unternehmen helfen? Müsste er sich nicht eigentlich um die Wirtschaft insgesamt kümmern?

Die Regierung muss auch die Wirtschaft insgesamt ins Laufen bringen. Dass sie dies unterlässt, bis auf ihre völlig unzureichenden Versuche, ist ein großes Versäumnis der Regierung Merkel. Wenn selbst der Sachverständigenrat Deutschland zu einer aktiveren Konjunkturpolitik auffordert, sollte sich Deutschland an China oder den USA ein Beispiel nehmen.

Was ist vorbildhaft an China?

China gibt acht Prozent des Sozialproduktes aus, um die Konjunktur zu stabilisieren. Merkel und Steinbrück versuchen es mit 0,25 Prozent. Dieser Betrag ist lächerlich.

Die Wirtschaftskrise wird kaum schnell vorbeigehen. Was heißt das für den Bundestagswahlkampf 2009?

Zwei Themen werden im Vordergrund stehen: die Einkommensverteilung und die Vermögensverteilung. Wir brauchen auf Dauer höhere Einkommen für die Arbeitnehmer, um die Binnennachfrage so zu stärken wie die meisten anderen Industrieländer auch. Zweitens: Die Umverteilung der vergangenen 20 Jahre von unten nach oben hat das Finanzcasino erst ermöglicht. Wer in Zukunft Finanzkrisen verhindern will, muss diese Umverteilung beenden. Leider geschieht bei der Erbschaftsteuer das Gegenteil. Trotz Finanzkrise entlastet die Bundesregierung Milliardenerben.

Interview: Markus Sievers

Frankfurter Rundschau, 20. November 2008