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Solidarische Weltwirtschaft statt gnadenloser Freihandel

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,



Von Alexander Ulrich

Jüngst ist das TTIP-Zollangebot der EU bekannt geworden. 97 Prozent der noch für US-Importe bestehenden Zölle sollen fallen. Größtenteils sofort, manche auch mit mehrjährigen Übergangsfristen. Öffentlich wahrgenommen wurde das kaum, denn die Debatte dreht sich vor allem um Investorenklagerechte, Intransparenz und die Gefahren für Umwelt- und Verbraucherschutz.

Löhne werden gedrückt

Die Zölle – früher stets im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen um globale Wirtschaftsverträge – finden heute wenig Beachtung. Schließlich sei das Zollniveau zwischen EU und USA ohnehin niedrig. Und gegen Freihandel an sich sei ja auch nichts einzuwenden, schließlich senke er die Preise und ist deshalb gut für die Verbraucher.

Dieser Gedanke greift zu kurz: Die Preissenkungen kommen nicht aus der Luft. Wenn der Handel liberalisiert wird, steigt der Wettbewerb zwischen den Arbeitnehmern verschiedener Standorte. Dadurch werden die Löhne nach unten gedrückt, was wiederum den Unternehmen Spielräume schafft, die Preise zu senken. Die möglichen Preissenkungen werden also durch Lohnsenkungen gekauft. Die Kaufkraft des Arbeitnehmers in der Freihandelszone steigt daher nicht. Sie sinkt.

Hingegen steigen die Profite der Großkonzerne, die neue Märkte erschließen und dort die kleinen Anbieter verdrängen können. Das war schon immer so, wenn Freihandelsverträge geschlossen wurden und wird auch bei TTIP nicht anders sein. So ist beispielsweise im Agrarsektor ein extrem weitgehender Abbau von Zöllen geplant, die die kleinbäuerliche Landwirtschaft schützen. Bei Zöllen, die eher mit Privilegien für die Großen verbunden werden, sind hingegen häufig lange Übergangsfristen vorgesehen.

Ökologischer Dilettantismus

Natürlich wäre es Quatsch, internationalen Handel grundsätzlich abzulehnen. In vielerlei Hinsicht ist der Austausch zwischen verschiedenen Wirtschaftsräumen eine große Bereicherung. Aber der Handel muss geregelt und gesteuert werden. Wenn nämlich frei gehandelt wird, dann exportiert Großbritannien genauso viele Kartoffeln in die Niederlande, wie die Niederlande nach Großbritannien, Neuseeland versorgt die ganze Welt mit Kiwis, während die Neuseeländer selbst vor allem italienische Kiwis essen und jeder Joghurt verbringt 5000 Kilometer auf der Autobahn, bevor er vor uns steht. Das ist das keine Bereicherung. Das ist ökologischer Dilettantismus.

Es ist auch keine Bereicherung, wenn die mächtigsten Player auf dem Weltmarkt sich gegenseitig einen exklusiven Marktzugang verschaffen, aber die Länder des globalen Südens draußen halten. Dort gehen dann die Absatzmärkte kaputt und die Armut in den ärmsten Regionen der Welt steigt weiter.

Wer einen solidarischen Welthandel will, muss den gnadenlosen Freihandel ablehnen. Die Weltwirtschaft muss demokratisch organisiert werden und klare Spielregeln erhalten, die die Schwächsten schützen und ökologische Nachhaltigkeit fördern. In diesem Sinne: Stopp TTIP!

linksfraktion.de, 4. März 2016