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Offenbarungseid in Davos

Im Wortlaut von Ulla Lötzer,

„Die Welt nach der Krise gestalten“ - schon der Titel des diesjährigen Weltwirtschaftsforums zeugte von unglaublicher Ignoranz. Schließlich musste die versammelte Korona aus Management und Politik im Verlaufe der vier Tage eingestehen, dass sie keine Ahnung hätten, ob die Talsohle der Krise überhaupt schon erreicht sei. Geschweige denn, wie die Krise überwunden werden kann.

Wie konnte es zu dieser tiefen Krise kommen, die immer mehr Staaten und Sektoren mitreißt? Vom „Kollektivversagen“ war die Rede, also vom Versagen des kleinen Konsumenten, der über seine Verhältnisse lebte bis hin zum Kreditvermittler. Überhaupt trügen die Hauptschuld die Banker und Finanzinvestoren, die dieses Jahr erkennbar mit Abwesenheit glänzten.

„Haltet den Dieb!“ nach diesem Motto machen es sich die Verantwortlichen aus der Wirtschaft doch zu einfach: Über Jahrzehnte waren sie es, die nach freien Märkten gerufen haben und die PolitikerInnen haben eilfertig Kontrollen abgebaut und den Weg zu ungehemmten Profiten geebnet. Nur der Shareholder value zählte, Renditeziele von 25% wurden ausgerufen. Wie diese Profite zustande kamen war egal. Für das soziale Gewissen wurden ein paar Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert und für die Umwelt ein paar Sonntagsreden gehalten. Und dass die Profite auf Pump zustande kamen - wen störte das, Hauptsache sie konnten verbucht werden, der Wert des Unternehmens an der Börse stieg und die Vergütung des Managements ebenso.

Von den Nutznießern dieses Systems ein Umdenken zu erwarten ist wohl tatsächlich etwas zuviel verlangt. Wie zur Bestätigung wurde am Ende in Davos wieder der Ruf nach Freihandel laut, also nach der weiteren Liberalisierung und Deregulierung.

Wenn die Krise eines zeigt, dann dass die Gestaltung der Welt nicht denjenigen überlassen werden darf, die sie verursacht haben. Der Kapitalismus hat abgewirtschaftet. Es ist Zeit für eine neue Regulierung der Wirtschaft und der Finanzmärkte. Der Staat darf nicht nur dazu dienen, Verluste den Bürgerinnen und Bürgern aufzulasten und Profite den privaten Unternehmen zuzuschustern. Davos war ernüchternd, es lohnt sich ein Blick zum Weltsozialforum nach Belém. Von den 100.000 Menschen, die sich hier getroffen haben, gehen die Forderungen aus, für Frieden und Gerechtigkeit, für den Erhalt des Planeten und für eine neue Weltwirtschaftsordnung. Der erste größere Protest in Deutschland wird am 28.3. unter dem Motto „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ in Berlin und Frankfurt stattfinden.

„Am deutschen Wesen…“? - Lieber nicht!

Den Vogel auf der internationalen Bühne schießt derzeit Frau Merkel ab, die die „deutsche soziale Marktwirtschaft“ in die Welt tragen will. Seit Jahren wird in unserem Land dereguliert und liberalisiert. Seit Jahren werden die sozialen Standards - Errungenschaften aus vielen Arbeitskämpfen - platt gemacht. Die Reallöhne sinken, die Menschen haben Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut durch Hartz IV. Vielleicht hat Frau Merkel ja den Tatort am letzten Sonntag Abend gesehen. Da hätte sie etwas über die Realität in Deutschland lernen können: gnadenlose ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in deutschen Discounter-Läden und wer sich gewerkschaftlich organisieren will fliegt raus.

Von Ulla Lötzer