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Kein Sozialismus ohne Ökologie

Im Wortlaut von Gregor Gysi, Monika Knoche, Oskar Lafontaine,

Mit der Rückbesinnung auf Umweltthemen schärft die Partei ihr Profil neu

Die LINKE diskutierte am Wochenende ökologische Fragen und gab deutliche Antworten: Wirksamer Klimaschutz ist ohne grundlegende Veränderungen des Gesellschaftssystems nicht zu haben.

Eifrige Debatten prägten die Stimmung in Hamburg am vergangenen Wochenende. »Wir müssen unser ökologisches Profil schärfen«, appellierte da ein Mitglied an seine Genossen. »Und die Vorreiterrolle als Öko-Sozialisten übernehmen«, ergänzte ein anderes die von der Basis vorgetragene Forderung nach einer Rückbesinnung auf ökologische Themen. Die Partei-Spitze räumte Fehler ein: »Ich habe das Umwelt-Thema lange Zeit vernachlässigt«, bekannte Gregor Gysi und gelobte Besserung.

Mehr als 500 Menschen aus allen Teilen der Republik waren am Wochenende der Einladung der LINKEN gefolgt und nach Hamburg gekommen, um auf der dreitägigen Konferenz unter dem Titel »klima & energie - macht - arbeit« über die Konsequenzen zu diskutieren, die aus dem nahenden Ende des fossilen Zeitalters und kapitalistischen Wachstumsmodells zu ziehen sind.

Radikale Energiewende

Beraten wurde über soziale, ökologische und friedliche Alternativen zur herrschenden Energiepolitik - eine »Energiewende«, zu der die LINKE ein umfangreiches Thesenpapier ausgearbeitet hat. »Energie ist ein unverzichtbares Lebensmittel«, mahnte der Parteivorstand Wolfgang Methling radikale Veränderungen an. Dass den Armen dieser Welt der Zugang nicht abgeschnitten werde, sei »eine elementare Frage sozialer Gerechtigkeit«, so der ehemalige Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern. Methling warnte zudem eindringlich vor einer »Militarisierung der Energieressourcensicherung«, die nicht nur von den USA zusehends aggressiver betrieben werde, sondern auch auf deutschen Regierungsbänken »längst kein Tabuthema mehr ist«.

Bevor sich die LINKEN an die Diskussion ökologischer Nachhaltigkeit machten, brachte die Parteiführung die Hamburger Genossen für die heiße Phase des Wahlkampfs in Stellung: Oskar Lafontaine kritisierte das »ständige Herumgefummel« an den Laufzeiten der Atomkraftwerke und die Privatisierung der Bahn. »Wir sind die einzige politische Kraft in diesem Land, die sich konsequent gegen die Monopolisierung der Energie- und Verkehrspolitik wendet und die Systemfrage aufwirft«, sagte Lafontaine angriffslustig. Gysi stand ihm zur Seite: »Wir müssen die ökologische Frage sozial gerecht lösen - für ungerechte Lösungen sind die Grünen zuständig.«

Dass die LINKE gar nicht anders kann, als die ökologische Frage gemeinsam mit der Systemfrage zu stellen, daran ließ auch die stellvertretende Parteivorsitzende Katja Kipping keinen Zweifel. Ohne internationale Solidarität und die Verfügungsgewalt über die Produktionsbedingungen sei konsequenter Klimaschutz undenkbar.

Die Macht der Konzerne zu brechen, so die herrschende Sicht auf dem Kongress, sei die unverzichtbare Voraussetzung gerechter und ökologischer Energie- und Klimapolitik. »Der freie Markt hat sich als Hindernis für eine sinnvolle Energieversorgung erwiesen«, betonte Monika Knoche, Fraktionsmitglied der LINKEN im Bundestag. Die »fatale Fixierung auf Wachstum« sei Ursache der drohenden Katastrophe.

Konzepte müssen her

Über den Weg zu einer gerechten und klimaschonenden Energieversorgung herrschte noch Uneinigkeit. Von der Rekommunalisierung der privatisierten Energieproduzenten bis zur Regionalisierung der Stromversorgung auf Basis lokaler erneuerbarer Energien wurden Alternativen diskutiert. Nun gelte es, umsetzbare Konzepte zu entwickeln, betonten Marko Ferst von der Ökonomischen Plattform die LINKE und andere Referenten.

Eines aber hat die LINKE unmissverständlich deutlich gemacht: Ökologisches Bewusstsein ist in der Mitte der Partei angekommen. Und zwar als Wille zur Abkehr von einer Gesellschaftsordnung, die immer wieder in krassem Gegensatz zu Gerechtigkeit und Umweltschutz steht. Diese Überzeugung brachte ein Teilnehmer auf den Punkt: »Mit der Vergesellschaftung der Energiekonzerne fangen wir in Deutschland den Sozialismus an!«

Von Susann Witt-Stahl und Michael Sommer

Neues Deutschland, 5. November 2007