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Mobilfunkmast

Gesundheitliche Aspekte von Mobilfunk und der Einführung von 5G

Im Wortlaut von Anke Domscheit-Berg, Ralph Lenkert,

Von Anke Domscheit-Berg, netzpolitische Sprecherin, und Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion die LINKE.


Die Fraktion DIE LINKE unterstützt das Recht auf Teilhabe eines jeden Menschen an Kommunikation. Es soll jeder Mensch in jedem Dorf und jeder Stadt in Deutschland schnellen Zugang zum Internet nutzen können.

Wir fordern deshalb einen schnellen flächendeckenden Glasfaserausbau, damit kein Haushalt auf mobile Kommunikation angewiesen ist und gleichzeitig die Funkmasten über Glasfaser miteinander verbunden sind. Neben erheblicher Verbesserung der Systemsicherheit, Durchsatz und Latenz lässt sich so das Strahlungsniveau durch Kommunikation über Mobilfunk erheblich reduzieren. Außerdem ist der CO2-Fußabdruck für Datenübertragung mittels Glasfaser erheblich niedriger als über Mobilfunk.

Dennoch stellen wir fest, dass für bestimmte Anwendungen und Kommunikationsbereiche die 5G-Technologie im Mobilfunk deutliche Vorteile gegenüber anderen Übertragungsprotokollen (3G, 4G) mit sich bringt. Ihre Verbreitung wird sich daher nicht verhindern lassen. Zu den Vorteilen gehören neben geringer Latenz und höheren Übertragungsraten auch ein viel niedrigerer CO2-Beitrag je übertragener Dateneinheit, aber auch eine geringere Streustrahlung um den Funkmast herum, da (anders als bei 3G oder 4G) bei 5G die Strahlung gebündelt vom Mast zu aktiven Nutzerinnen und Nutzern erfolgen kann. 

5G kann auf verschiedenen Frequenzen genutzt werden, in der Fläche werden zurzeit vor allem bisher durch 3G genutzte Frequenzen für 5G freigemacht, auch bisher für 4G genutzte Frequenzen werden künftig zunehmend parallel für 5G genutzt, denn diese bisher bereits gebräuchlichen Frequenzen eignen sich für höhere Reichweiten von 5G. Aber 5G kann auch im Hochfrequenz-Frequenzspektrum genutzt werden, vor allem im Industrie-4.0-Bereich, wo es auf extrem kurze Latenzzeiten ankommt, aber die Übertragungsdistanzen klein sind.

Die Fraktion DIE LINKE nimmt die Sorgen um die Auswirkungen dabei entstehender hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf Menschen und Natur sehr ernst. Aus diesem Grund haben wir in einem langjährigen Verfahren dafür sorgen können, dass sich das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) dieses Themas mit einem eigenen Arbeitsbericht widmet, er befindet sich aktuell im Abnahmeprozess. Unabhängig von den Untersuchungen des Bundesamtes für Strahlenschutz, das bisher keine Hinweise auf die Schädlichkeit von HF-Strahlung feststellte, soll sich das TAB-Büro mit diesen Fragen eingehend beschäftigen.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich der Forschungsstand zu elektromagnetischen Feldern (EMF) und hochfrequenter (HF) Strahlung fortentwickelt und es epidemiologische Hinweise auf potenziell schädliche Wirkungen gibt, die einen kritischen Umgang mit der Zunahme elektromagnetischer Felder und weitere Forschung nötig machen. Deshalb begrüßt die Linksfraktion, dass die Bundesregierung endlich ihren Forderungen nach weiterer Forschung Rechnung trug und mehrere Forschungsvorhaben zu den biologischen Wirkungen elektromagnetischer und hochfrequenter Strahlungen als auch insbesondere zu 5G finanziert und zusätzlich transparenter dazu aufklärt. Die Fraktion DIE LINKE wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass bereits gestartete Forschungsvorhaben konsequent und wissenschaftlich unabhängig abgeschlossen werden. Darüber hinaus sollten fachbereichsübergreifende Untersuchungen fortgesetzt und ausgebaut werden, damit sich auch dort differenzierte Fachbereichsmeinungen widerspiegeln (vgl. Übersichtsportal zu aktuellen Forschungsergebnissen "Deutschland spricht über 5G").

Mit Blick sowohl auf die Belange des Gesundheitsschutzes als auch der digitalen Teilhabe fordern wir, den Ausbau mit Mobilfunktechnologie neu zu denken. Wichtig ist dabei das Verständnis, dass weniger Mobilfunkstationen nicht zwingend zu weniger Strahlenbelastung führen, wie man es vielleicht erwarten würde. Das Gegenteil ist der Fall: ein einzelner Mast, der ein großes Gebiet versorgen soll, muss mit erheblich größerer Sendeleistung arbeiten, als ein Mast, der in einem engmaschigen Funknetz integriert ist. Dasselbe gilt für Mobilgeräte: je weiter der nächste Mast entfernt ist, desto größer ist die Sendeleistung des Gerätes am Ohr und in der Hosentasche. Obwohl es paradox klingen mag, fordern wir deshalb mehr statt weniger Sendemasten, aber auch eine kontinuierliche Überprüfung der als unbedenklich festgelegten Grenzwerte und ihrer Einhaltung durch Hersteller und Netzbetreiber.
Im Hinblick auf einen umfänglichen Schutz der Gesundheit und der Verbraucherinnen und Verbraucher sprechen wir uns dafür aus, dass das EU-weit gültige Vorsorgeprinzip konsequent angewendet wird. Das bedeutet, dass alle technischen und organisatorischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Belastungen durch Mobilfunk so gering wie möglich zu halten.

Um Mehrfachbelastungen durch mehrere parallel arbeitende Funknetze (die im Übrigen volkswirtschaftlich unsinnig sind) zu vermeiden, fordert die Fraktion DIE LINKE bereits seit Jahren, dass ein inländisches Roaming eingeführt wird. So sollte jedem Bundesland nur noch ein einziger Anbieter verpflichtet sein, die vollständige Netzabdeckung zu gewährleisten. Dieses Netz sollen dann Nutzerinnen und Nutzer mit Verträgen bei anderen Anbietern per kostenlosem Roaming mitnutzen können. Im Gegenzug muss der Anbieter in anderen Regionen nicht länger die kostenintensive Vollversorgung anstreben. So wird einerseits die Strahlenbelastung durch Mehrfachnetze minimiert und gleichzeitig die Kosten für alle erheblich gesenkt.

Noch immer sind mögliche Gesundheitsschäden durch EM-Felder und HF-Frequenzen umstritten. Der Umstand, dass mögliche Wirkmechanismen bisher weder belegt noch ausgeschlossen werden konnten und es technisch und ethisch unmöglich ist, eine Vergleichsstudie mit Kontrollgruppen von Menschen durchzuführen, lässt sichere Abschätzungen zu Gesundheitsbelastungen durch Mobilfunk im Allgemeinen und 5G im Besonderen nicht zu. Dies erschwert eine sachliche Diskussion zu diesem Thema.

Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Bundesregierung weitere Studien finanziert und auch im Ausland erstellte Studien berücksichtigt, um die Auswirkungen von Mobilfunktechnologien und insbesondere hochfrequenter Strahlungen noch genauer zu verstehen. Falls erforderlich, sollten Regulierungen so angepasst werden, dass Gesundheit und Verbraucherschutz jederzeit und auch langfristig gewährleistet sind.