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Für ein »Bretton Woods Plus«. Position zum Weltfinanzgipfel

Im Wortlaut von Ulla Lötzer,

Die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) kommen am 15. November zu einem Weltfinanzgipfel in Washington zusammen. Dort soll über Maßnahmen gegen die Finanzkrise und für eine Kontrolle der Finanzmärkte diskutiert werden. Für DIE LINKE kommt es darauf an, dass der Gipfel nicht nur warme Worte zu „mehr Transparenz“ und oberflächlicher Regulierung verabschiedet. Wir brauchen ein entschlossenes gemeinsames Handeln gegen die nahende Weltwirtschaftskrise. Außerdem ist jetzt die Zeit für eine Abkehr von der katastrophalen neoliberalen Wirtschaftspolitik, die die Industrieländer in den vergangenen Jahren der ganzen Welt aufgezwungen haben und die maßgeblich zur jetzigen Krise beigetragen hat.

1.) Strenge Regeln für die Finanzmärkte

Die von der EU angekündigten Forderungen zur Regulierung der Finanzmärkte bleiben in Teilen schwach und unkonkret, wichtige Forderungen fehlen. Es muss beispielsweise klargestellt werden, dass Hedgefonds-Geschäfte mit hohem Kredithebel verboten werden sollen. Eine globale Finanzaufsicht und eine Institution, die Finanzprodukte auf ihre Gefährlichkeit überprüft (Finanz-Tüv) gehören auf die Tagesordnung. Deutlicher sollte gefordert werden, dass mit Finanzinstituten in Steueroasen zukünftig keine Geschäfte mehr gemacht werden dürfen. Komplett fehlen in den Vorschlägen der EU Maßnahmen zur Entschleunigung der Finanzmärkte, wie Transaktionssteuern und Vorschläge dazu, die Finanzmärkte auf Normalmaß zurückzuschrumpfen. Das Ende des Wechselkurssystems von Bretton Woods in den 1970er Jahren hat die Krisenanfälligkeit der Finanzmärkte und die Volatilität der Wechselkurse erhöht. Das führte zu hohen Kosten - insbesondere für ärmere Länder, und förderte die Entstehung globaler Ungleichgewichte. Die Rückkehr zu stabilen, entmachteten Finanzmärkten muss zwangsläufig mit einer Stabilisierung der Wechselkurse einhergehen. Die Schaffung von Zielzonen zwischen den großen Weltwährungen wäre hierzu ein richtiger Schritt.

2.) New Deal statt neues Debakel

Auch jenseits konkreter Regeln für die Finanzmärkte, darf es in der Wirtschaftspolitik international kein „Weiter So“ geben. Das absurde Anschwellen der globalen Finanzmärkte ist maßgeblich auf eine jahrzehntelange Umverteilungspolitik von unten nach oben zurückzuführen - Unternehmensgewinne stiegen und wurden nicht in vollem Umfang reinvestiert, sondern zum Zocken an den Finanzmärkten benutzt. Die Umverteilung hat zusammen mit einem Rückgang staatlicher Investitionen in vielen Staaten und einer verfehlten Geldpolitik außerdem zu einer Wachstumsschwäche beigetragen.

Die bevorstehende Weltwirtschaftskrise bedarf einer zügigen, abgestimmten und kräftigen Reaktion makroökonomischer Politik, um der Wachstumsschwäche und einem weiteren Anstieg von Armut und Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Zur sofortigen Stützung der Konjunktur brauchen wir eine Koordination von regionalen und nationalen Konjunkturprogrammen mit einer Ausweitung sozial und ökologisch sinnvoller Investitionen. Das von der chinesischen Regierung beschlossene Konjunkturpaket gibt die Richtung vor.

Der Entschlossene Kampf gegen die Klimakrise und die Armutskrise in vielen Staaten des globalen Südens, darf unter keinen Umständen hinter den Maßnahmen gegen die Finanzkrise zurückbleiben.

3.) Entscheidungsprozesse Demokratisieren

Die aktuelle Finanzkrise hat ihren Ursprung in den Industrieländern. Ihre Auswirkungen betreffen aber längst die ganze Welt - den ärmsten Staaten drohen sogar neue Hungerkatastrophen. IWF und Weltbank sind maßgebliche Protagonisten genau der neoliberalen Politik, die die Krise verursacht hat. Die Schaffung einer neuen internationalen Finanzorganisation, bei der Schwellen- und Entwicklungsländer einen deutlichen Einfluss haben, wäre deshalb angebracht. Joseph Stiglitz hat im Rahmen einer UN-Taskforce hierzu substanzielle Vorschläge gemacht. In Entscheidungen über Fragen der Weltwirtschaft müssen alle Staaten angemessen einbezogen werden. Sie gehören unter das Dach der UN. Die dort angesiedelten Bereiche der Wirtschafts-, Sozial und Umweltpolitik müssen aufgewertet und Parlamente stärker in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.

Von Ulla Lötzer