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Ausstieg aus der Braunkohle bis 2050

Im Wortlaut von Hans-Kurt Hill,

Positionspapier der Linksfraktion fordert Sockelbergbau für die Steinkohle

Ein dreiviertel Jahr hat es gedauert - nun aber hat die Linksfraktion im Bundestag ein Positionspapier zur Kohlepolitik verabschiedet.

Kein zweiter Energieträger sorgt pro Energieeinheit für mehr Treibhausgasemissionen als Braun- und Steinkohle. Trotzdem ist die Forderung nach einem Ausstieg auch für die Linkspartei heikel, denn in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und im Saarland hat die Branche noch immer große wirtschaftliche Bedeutung und gibt trotz Stellenabbaus Zehntausenden einen Job. Vor allem dort gibt es an der Basis lautstarke Stimmen für die Kohle.

Nun hat die Linksfraktion im Bundestag unter dem Titel »Kohle in Beschäftigung und neue Energien umwandeln« ein Positionspapier verabschiedet, das für die Braunkohle einen allerdings langfristigen Ausstieg bis zum Jahr 2050 vorsieht. Damit soll ausreichend Zeit bleiben, den Beschäftigten Alternativen zu bieten und eine »weitgehende« Versorgung aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Ab 2012 sollten keine neuen Braunkohlekraftwerke in Betrieb gehen. Die Fraktion glaubt nicht der Ankündigung der Kohlelobby, in wenigen Jahrzehnten über eine CO2-Abscheidung ein emissionsfreies Kraftwerk anbieten zu können. Dies sei »technisch kaum machbar und unwirtschaftlich«.

Bei der Steinkohle will die Linksfraktion den Börsengang des RAG-Konzerns verhindern, der in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt werden solle, aber auch das Ausstiegstempo verlangsamen. Während die Große Koalition ein Auslaufen bis 2018 plant, fordert das Kohle-Papier einen langfristigen »Sockelbergbau« von fünf Millionen Tonnen pro Jahr, um den Bedarf der Stahlindustrie zu decken und »einen modernen Maschinenbau zu erhalten«.

Für den Verfasser Hans-Kurt Hill ist die Kernaussage des 31-seitigen Papiers, »den Beschäftigten und Unternehmen eine Perspektive bis 2050 zu bieten«. Der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion räumt ein, das Papier sei »nicht einstimmig, sondern einmütig« beschlossen worden. Nach ND-Informationen wurde einer früheren Version intern vorgeworfen, »wie die Rest-Grünen« daherzukommen. Hill zufolge verzichtete dieser Kritiker in der Fraktion jetzt aber auf ein Minderheitenvotum. Im Vorfeld sei auch mit Landtagsfraktionen gesprochen worden.

In Sachsen, wo Braunkohle in der Lausitz und im Revier Südraum Leipzig gefördert wird, tritt die LINKE für einen Ausstieg innerhalb von 30 bis 40 Jahren ein. Der Klimaschutz gebiete es, sich mittelfristig aus der Kohleverstromung zu verabschieden, sagt Monika Runge, energiepolitische Sprecherin der Landtagsfraktion. Zugleich müsse die LINKE als »ostdeutsche Volkspartei« aber die Rolle der Kohle für regionale Wirtschaft und Arbeitsmarkt berücksichtigen. Die sächsische LINKE kritisiert den »exzessiven Ausbau« von Gruben, wie ihn Vattenfall in der Lausitz betreibe. Das Ausstiegsszenario sei in den Kohleregionen innerhalb der Partei aber »nicht mehrheitsfähig«.

In Sachsen-Anhalt, wo der Kohleförderer Mibrag Probebohrungen für neue Gruben bei Lützen und in der Egelner Mulde plant, gehen die Auffassungen auseinander. Angelika Hunger, Umweltpolitikerin in der Landtagsfraktion, hält ein Ende der Kohleverstromung für »absehbar«. Ein »geordneter Ausstieg« werde vom Großteil der Fraktion mitgetragen. Allerdings schlagen Wirtschaftspolitiker aus dem Koh-lerevier im Südosten andere Töne an. Mehrheitlich lehne die LINKE aber den Aufschluss neuer Gruben zur Versorgung von Kraftwerken ab; gleiches gelte für einen von der Mibrag geplanten Kraftwerksneubau, bei dem die Kapazitäten von 170 auf 600 Megawatt erweitert würden. Ein Ersatzbau für die alten Kraftwerke müsse »die letzte Aktivität« sein, sagt Hunger.

Von Hendrik Lasch und Kurt Stenger

Neues Deutschland, 6. Juli 2007