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Airbus und EADS: Eine Herausforderung für die europäische Politik

Nachricht,

Gemeinsame Erklärung von

Marie George Buffet (Präsidentschaftskandidatin der französischen Linken), Lothar Bisky (Vorsitzender der Linkspartei.PDS), Gregor Gysi (Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag), Oskar Lafontaine (Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag) und Francis Wurtz (Vorsitzender der Fraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament)

  1. Das Power8 ist inakzeptabel. Das Kürzungsprogramm muss zurückgenommen werden.

    Es ist inakzeptabel, Arbeitsplätze, Standorte und Know-How mit einem „Sanierungsprogramm“ für Airbus infrage zu stellen, das keines der bestehenden Probleme löst. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Privataktionäre sich in dem Moment ihrer Verantwortung entziehen, in dem umfangreiche Zukunftsinvestitionen erfolgen müssen, nachdem sie hohe Dividendenzahlungen aus dem Erfolg des A320 bezogen haben. Es ist nicht akzeptabel, dass die staatlichen Anteilseigner seit 2000 ihre Verantwortung für die Geschäftsführung an eben diese Privataktionäre abgetreten haben. Das Grundgesetz muss ernst genommen werden: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

    Power 8 muss zurückgenommen werden, weil es weder die finanziellen noch die betrieblichen Probleme löst. Aktionäre und Unternehmensleitung haben diese Probleme durch eine Geschäftsführung entstehen lassen, die auf Renditemaximierung ausgerichtet war. Die Lösung kann daher nicht in einem erhöhten Druck auf die Beschäftigten und in einem Umbau liegen, der das Unternehmen, die Zulieferer und die gesamte Belegschaft schwächt. Das Programm Power 8 setzt die Rentabilitätsanforderungen der Aktionäre an erste Stelle und ist daher eine Bedrohung für Airbus und für die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie insgesamt.

    Power 8 muss umso mehr zurückgewiesen werden, weil allein der aktuelle Auftragsbestand des Konzerns die gesamte Belegschaft für sieben Jahre auslasten würde, weil Überstunden an der Tagesordnung sind, weil die Weltmarktnachfrage nach Flugzeugen stark ansteigt und weil die technologischen und ökologischen Herausforderungen beträchtlich sind und nach Investitionen in eine andere Art der Entwicklung verlangen.

  2. Wir sprechen uns für eine demokratische Wirtschaft, für eine Verantwortung der Politik und für eine europäische Lösung aus.

    Die Geschäftspolitik von Airbus und EADS muss neu ausgerichtet werden. Die Zielsetzung muss industriepolitisch statt renditeorientiert sein. Es muss um volkswirtschaftliche Effizienz und eine Steigerung des Gemeinwohls gehen. Kriterien dabei sind: öffentliche Kontrolle, demokratische Wirtschaft, Einbeziehung der europäischen Ebene. Die Staaten müssen ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Aktionäre, die von den hervorragenden Ergebnissen der letzten Jahre profitiert haben, müssen mit herangezogen werden. Die Mitbestimmung durch die Beschäftigten aller Wertschöpfungsstufen muss wirksam ausgebaut werden.

    Wir verlangen von den betroffenen Staaten, damit aufzuhören, sich auf ihre angebliche Machtlosigkeit zu berufen. Im Zentrum der Lösung muss stehen, dass in einem so wichtigen Bereich wie der Luft- und Raumfahrt neben der Finanzierung die öffentliche Kontrolle sichergestellt wird. Der öffentliche Einfluss muss, auf unterschiedlichem Wege (Staat, öffentliche Finanzinstitutionen …), deutlich erhöht werden, um dem Ziel eines öffentlichen europäischen Unternehmens näher zu kommen, das der Schaffung von Beschäftigung, dem Erhalt aller Standorte und dem technischen Fortschritt verpflichtet ist.

    Europa muss sich entschieden für Airbus einsetzen. Dieses erfolgreiche europäische Projekt muss die Möglichkeit erhalten, niedrig verzinste Kredite bei der Europäischen Investitionsbank aufzunehmen, um Beschäftigung, Qualifizierung, Forschung und Entwicklung zu stärken. Dafür muss sich die Europäische Investitionsbank auf die Europäische Zentralbank stützen können. Auf diesem Wege könnte die Europäische Zentralbank einen positiven Beitrag leisten, anstatt die Finanzmärkte und die Spekulation zu befördern.

    Die Europäische Zentralbank sollte sich unmittelbar für dieses Symbol europäischer Zusammenarbeit einsetzen. Sie kann mit Zentralbankkrediten unabhängig von den Finanzmärkten europäische Projekte dieser Größenordnung zu finanzieren. Einen Teil der Zinslast auf die notwendigen Kredite könnte von öffentlichen Institutionen übernommen werden, wenn im Gegenzug Beschäftigungsgarantien gegeben und Mitbestimmung und öffentliche Kontrolle ausgebaut werden.
    Dies entspricht weder den Regeln des Binnenmarktes noch der Welthandelsorganisation, was beweist, dass beide verändert werden müssen.

  3. Wir unterstützen den Kampf der Belegschaften, wir beteiligen uns an der Debatte über die Lösungen.

    Wir unterstützen vor Ort, in unseren Ländern und auf europäischer Ebene den Kampf der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften. Wir unterstützen den europäischen Aktionstag am 16. März. Wir stellen unsere Vorschläge zur Debatte in den Institutionen, in der Öffentlichkeit, unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um zur notwendigen öffentlichen Diskussion darüber beizutragen, worum es geht und was die Alternativen sind.

    Wir sind davon überzeugt, dass wir die Möglichkeit haben, mit Power 8 ein weiteres europäisches neoliberales Projekt zu Fall zu bringen.