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Presse- und Medienvielfalt sichern

Rede von Lothar Bisky,

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
der FDP-Antrag um den es hier heute geht, korrespondiert in einem Punkt mit einer Forderung der LINKEN: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss werbefrei sein! Die Skandale um Schleichwerbung haben eines gezeigt: Es gibt allerorten Missbrauch. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss aber auch deswegen werbefrei sein, damit die Unabhängigkeit der Berichterstattung dauerhaft gesichert ist. Er muss sich als Korrektiv und nicht als ein Nachahmer der Privaten verstehen. Hier braucht es schleunigst ein Umdenken!

Im Kern geht es im Antrag der FDP jedoch um eine ganz andere Frage, nämlich um die generelle Aufhebung von Werbebeschränkungen in Medienangeboten.
Wir erkennen ja an, dass die Wirtschaftsliberalen ihre Wählerklientel in der Werbewirtschaft und in den Privatsendern mit einer schrankenlosen Liberalisierung ein zünftiges Wahlgeschenk liefern wollen. Doch liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Ist es nicht etwas weit gegriffen, wenn man jahrzehntelang bewährte Einschränkungen mal so mir nichts dir nichts aufheben will, und sich zugleich mit Händen und Füßen gegen weitere Einschränkungen bei der Werbung für Alkohol und Tabak wehrt, sie sogar lockern möchte? Ich bitte Sie! Sinnvolle Warnungen und die Verbannung von Suchtwerbung - im Übrigen zusammen mit Aufklärungskampagnen - müssen zweifelsohne ein gemeinsames Ziel des Deutschen Bundestages sein!

Meine Damen und Herren, selbstverständlich ist eine Überprüfung der Werbeeinschränkungen von Zeit zu Zeit sinnvoll und nicht zu beanstanden. Doch muss in Ihrer Fraktion auch zur Kenntnis genommen werden, dass die Neufassung der Europäischen Fernsehrichtlinie nichts anderes ist, als eine einzige Liberalisierung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Werbung.

Wenn Sie die Bundesregierung nun überzeugen wollen, die "gesellschafts-, gesundheits- oder verbraucherschutzpolitische Wirkung" von Werbebeschränkungen zu evaluieren, und das möglichst noch vor der Bundestagswahl im September 2009 zu machen, und gleichzeitig darauf drängen, vor der Wahl keine Gesetzesinitiativen in diesem Bereich mehr auf den Weg zu bringen, so ist dies nichts mehr als blanke Interessenspolitik. Leider muss sich die Öffentlichkeit in diesen Zeiten einer Menge unsinniger Argumente aus der Wirtschaft und auch von Ihnen erwehren.
Hören Sie bitte damit auf, Fragen des Gesundheitsschutzes und des Verbraucherschutzes für die Maximierung von Gewinninteressen zu missbrauchen.

Die Freigabe von Product Placement nach der neugefassten EU-Fernsehrichtlinie wird eine neue Runde im Kommerzialisierungsprozess des Rundfunks einleiten. Die Nationalstaaten allerdings sind keineswegs gezwungen, diese Eins zu Eins umzusetzen. Ausdrücklich ist es den für die Rundfunkpolitik zuständigen Bundesländern möglich, Produktplatzierung im deutschen Fernsehen zu untersagen. Angesichts der Werbekrise mehren sich nun die Stimmen, den Privatsendern diese neue Einnahmequelle zu erschließen. Den Wirtschaftsinteressen der Privatsender soll zu Lasten des Verbraucherschutzes nachgegeben werden. Das lehnt DIE LINKE rundweg ab!

Im Antrag der FDP - der die Presse- und Medienvielfalt im Titel führt - geht es im Falle des Rundfunks

• nicht um die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher,
• nicht um ein vielfältiges kulturelles Programmangebot und
• schon gar nicht darum, die Autonomie journalistisch-redaktioneller Arbeit abzusichern,

sondern einzig und allein um Geschäftsbeziehungen, ums Geldverdienen, um Rendite. Die Krise ist hier nur der Deckmantel, die im deutschen Fernsehen aus gutem Grund bestehenden Werbebeschränkungen vollständig zu deregulieren. Wohin vollständige Deregulierung führt, das kann man im Bankenwesen und in der Finanzwirtschaft derzeit gut studieren. Und darum sagen wir LINKEN Nein zum Antrag der FDP.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!