26.01.2006
Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Auch die Fraktion Die Linke begrüßt den gut gemeinten Antrag der FDP und stimmt den darin genannten Argumenten größtenteils zu. Das Urheberrecht muss modernisiert werden - keine Frage. Allerdings: Geistiges Eigentum im digitalen Zeitalter zu schützen, lässt sich natürlich leicht fordern, ist aber nur äußerst schwer durchzusetzen in einem Land, in dem über 40 Prozent der Haushalte über einen CD- und DVD-Brenner und 60 Prozent der Bürger über einen Internetzugang verfügen. Wofür sind wir? Wir sind für ein Recht auf Privatkopie (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Natürlich!)
- ja, natürlich -, wohlgemerkt zum privaten, nicht zum gewerblichen Gebrauch. Aber was machen wir angesichts des massenhaften Kopierens zu nicht gewerblichen Zwecken, das es ja auch gibt? Wir wollen die Millionen Kinder und Jugendlichen, die das tun, nicht kriminalisieren. Aber es muss etwas geschehen, wenn sie massenhaft auf CDs oder DVDs kopierte Musik und Filme nutzen und weitergeben; denn wir sind natürlich gegen den Diebstahl geistigen Eigentums. Wir wollen, dass Künstlerinnen und Künstler, Autorinnen und Autoren sowie Übersetzerinnen und Übersetzer eine angemessene Vergütung für ihre Werke bekommen.
Mit einem kommen wir dabei auf keinen Fall weiter: mit der Einführung einer Bagatellklausel.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Aha!)
Sie würde genau das schwächen, was unsere Gesellschaft dringend braucht: das Rechtsbewusstsein, welches geistiges Eigentum respektiert und es nicht zu einem x-beliebigen Schnäppchen degradiert, welches man sich jederzeit zum Nulltarif besorgen kann.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Beispiel mit den Hemden wurde bereits angesprochen. Dem könnte ich hinzufügen: Dann könnten wir auch gleich "Ladendiebstahl unter 20 Euro" legalisieren. Mit der Einführung einer Bagatellklausel kommen wir hier auf keinen Fall weiter.
Die Novelle des Urhebervertragsrechts aus dem Jahr 2002 war ein erster Schritt, die verfassungsrechtlich gebotene angemessene Vergütung der Urheber durchzusetzen.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Herr Montag, hätten Sie das gedacht? - Gegenruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Die PDS hat diesem Gesetzentwurf zugestimmt, vor allem deshalb, weil in ihn auch der Rechtsanspruch auf angemessene Vergütung aufgenommen worden war. In einem Entschließungsantrag haben wir damals weiter gehende Forderungen aufgestellt. Wir hatten nämlich Zweifel daran, dass es zwischen Urhebern und Verwertern tatsächlich zu einem fairen Interessenausgleich kommen würde. Die Entwicklung hat gezeigt, dass unsere Zweifel vollkommen berechtigt waren. Unser Entschließungsantrag wurde damals übrigens abgelehnt.
(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was? Das ist ja eine Überraschung!) Nun muss ein Ordnungsrahmen geschaffen werden, der Kreativität und Innovation fördert und damit zum Erhalt und Wachstum unserer nationalen und der europäischen Kunst beiträgt. Wir meinen, dass eine Stärkung der Rechte und Wirkungsmöglichkeiten der Kunstschaffenden dringend notwendig ist, wobei die öffentliche Zugänglichkeit ihrer Werke natürlich gewährleistet bleiben muss. Dabei sind wir uns im Klaren, dass es ohne Verwerter nicht möglich ist, für die öffentliche Zugänglichkeit der Werke zu sorgen. Aber in seinem Kern muss ein Urheberrecht ein Recht für die Urheber bleiben und kein Recht für die Verwerter sein. Der Staat darf sich nicht für die Durchsetzung der Partikularinteressen der Medienindustrie, der Entertainmentkonzerne und der Computer- und Druckerhersteller einspannen lassen.
(Beifall bei der LINKEN)
In diesem Sinne hoffen wir auf eine gründliche Diskussion mit allen Beteiligten und unterstützen insbesondere die Forderung nach einer bilanzierenden Berichterstattung über die Folgen der jetzigen Regelung.
Danke schön.

Modernisierung des Urheberrechts
Rede
von
Lukrezia Jochimsen,