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Ausstellungsvergütung für KüntlerInnen im Urheberrecht verankern

Rede von Lukrezia Jochimsen,

Als lähmenden Stillstand könnte man die Situation beschreiben,
mit der wir uns heute auseinanderzusetzen haben:

Seit 30 Jahren debattieren bildende Künstlerinnen und Künstler, die sie vertretenden Organisationen und Politikerinnen und Politiker über „Rechtliche und finanzielle Voraussetzungen für die Zahlung einer Ausstellungsvergütung“ – wie es in unserem Antrag heißt.

Es geht darum, eine seit langem bestehende Gerechtigkeitslücke im geltenden Urheberrecht zu schließen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben die Grünen mit ihrem Antrag „Für eine Ausstellungszahlung an bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Fotografinnen und Fotografen bei durch den Bund geförderten Ausstellungen“, Drucksache 17/6346, im letzten Jahr gemacht. Diesen Antrag haben wir unterstützt.
Er wurde leider im mitberatenden Haushaltsausschuss abgelehnt.

Seitdem wieder: lähmender Stillstand.
Aber nun kommt Bewegung in die Geschichte: am 12. Dezember gibt es im Kulturausschuss ein Fachgespräch zur bildenden Kunst unter anderem auch zum Thema Ausstellungsvergütung. Der Antrag der Grünen und unserer vom heutigen Tag stehen dann zur Diskussion.

Schweden hat 2009 eine Ausstellungsvergütung eingeführt, deren Regelungen durch die Zusammenarbeit von Künstlerorganisationen und dem schwedischen Kulturrat erarbeitet wurden. Seitdem sind alle staatlichen Museen verpflichtet für alle Werke im Eigentum eines in Schweden lebenden Künstlers eine Ausstellungsvergütung zu zahlen. 109 Kunsteinrichtungen haben sich dieser Regelung inzwischen angeschlossen. Schritt für Schritt verbessert sich so die Situation der schwedischen Künstlerinnen und Künstler. Außerdem ist diese Regelung Ausdruck für die Anerkennung künstlerischer Leistungen durch den Staat, durch die Gesellschaft.

Ich frage, warum ist es eigentlich bei uns nicht möglich, endlich eine Ausstellungsvergütung im Urheberrecht zu verankern? Wenn sich die Bundesrepublik Deutschland als Kulturstaat versteht und das Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern für unverzichtbar hält, dann muss sie auch die Konsequenzen daraus ziehen, und dafür sorgen, dass Kreative von ihrer Arbeit leben können.

Museen, Kunstvereine und Kommunalverbände haben in der Vergangenheit vor der Einführung der Ausstellungsvergütung gewarnt. Sie machten deutlich, dass bereits jetzt die Etats für Ausstellungen so knapp bemessen seien, dass die Einführung letztlich zu weniger Ausstellungen und damit auch zu weniger Präsentationsmöglichkeiten für Künstler führen würde. Dieser Argumentation haben sich leider viele Politikerinnen – namentlich aus den Reihen der Koalition – angeschlossen. Sie alle haben gegen die Einführung einer Ausstellungsvergütung argumentiert. Koalition und auch SPD werden nicht müde davor zu warnen, eine solche Vergütung würde eventuell mehr schaden als nutzen.
Hier gilt: Immer wenn es darum geht Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen und Menschen zu einem besseren Anteil an ihrer Arbeit zu verhelfen, kommt dieses „Totschlag“-Argument. Das war bei der Diskussion um den Mindestlohn so. Das war beim Folgerecht so. Gerade der Fall Folgerecht zeigt, dass sich nichts von der Schwarzmalerei, die jedem Vergütungsanspruch entgegengehalten wird, in der Realität bewahrheitet hat.
Anke Schierholz von der VG Bild-Kunst hat belegt, dass zum Beispiel in Großbritannien nach der Einführung des Folgerechts das Auktionswesen genauso blüht wie zuvor.

Dass die finanzielle Situation der Museen und anderer Kulturstätten äußerst schwierig ist, ist auch uns bekannt. Die Frage ist nur, welche Konsequenzen wir aus dieser Tatsache ziehen. Finden wir uns damit ab, dass wir ein kulturelles Prekariat haben? Halten wir das für normal, oder tun wir etwas dagegen?

Wir als LINKE sind nicht bereit, diese Unterfinanzierung weiter hinzunehmen. Deshalb fordern wir in unserem Antrag auch ein Umsteuern in der Finanzpolitik des Bundes, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Länder und Kommunen ihre Aufgaben zur Daseinsvorsorge auch im kulturellen Bereich leisten können.

Uns geht es um eine Lösung, die zum einen die Benachteiligung bildender Künstlerinnen und Künstler im geltenden Recht beendet und darüber hinaus sichert, dass die Vergütung auch wirklich den Urheberinnen und Urhebern zu Gute kommt. Der Vergütungsanspruch soll deshalb unverzichtbar sein, im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch diese geltend gemacht werden können. Kleinere Vereine und Projekte, die zeitgenössische Kunst ausstellen, sollen nicht über Gebühr belastet werden. Hier sind Ausnahmeregelungen sinnvoll.
Der Kunsthandel soll davon gänzlich ausgenommen werden.
Die konkrete Ausgestaltung der rechtlichen Regelung sowie die Höhe und Kriterien einer Ausstellungsvergütung sollen in einem Gremium mit den Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Verbände und Institutionen sowie ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern und Rechtsexperten beraten werden.

Es geht ja nicht um Millionen oder Milliarden an finanziellem Mehrbedarf. Nehmen wir Berlin als Beispiel.
Schon mit ca. 400.000 Euro jährlich ließe sich hier laut einer Berechnung des BBK Berlin der Bedarf für die Ausstellungen in den sechs größeren Landeseinrichtungen sowie den Ausstellungsflächen der Kunstvereine decken.
Unsere Kolleginnen und Kollegen in der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin haben in ihrem Antrag vom Februar dieses Jahres zur Zahlung von Ausstellungsvergütungen in öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin im vergangenen Jahr als ersten Schritt einen Ausstellungsfonds für die kommunalen Galerien in Höhe von 200.000 Euro im Jahr gefordert.
Nehmen wir an, jeder Bezirk hat mindestens eine kommunale Galerie. Dann wären dies ungefähr 18.000 Euro pro Haus pro Jahr. Und dies hieße um die 3.000 Euro pro Ausstellung bei sechs bis sieben Ausstellungen. Diese Summen kämen Künstlern zu gute – einzeln oder in der ausstellenden Gruppe. Ist das zuviel? Zuviel verlangt? Bricht damit unser öffentliches Finanzsystem zusammen?

Es ist uns klar, dass wir mit diesen Forderungen die finanzielle Situation von bildenden Künstlerinnen und Künstlern nicht von Grund auf verbessern können.
Es geht dabei auch um Anerkennung ihres Schaffens und um Gerechtigkeit.
Vergessen wir bitte nicht, wie viel gerade Kunstausstellungen „wert“ sind für eine Stadt, eine Region, wie viel sie beitragen, für deren Ausstrahlungskraft und Faszination.
Und alles ohne einen Euro Honorar für die ausstellenden Künstler?
Das kann doch unser politischer Wille nicht sein.