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Zuzahlungen zur Heilmittelversorgung gehören abgeschafft

Nachricht von Achim Kessler,

668 Millionen Euro haben Versicherte insgesamt im Jahr 2018 für Heilmittel wie Physiotherapie, Ergotherapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie oder Podologie zusätzlich zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen bezahlt. Im Vergleich zu dem Jahr 2016 ist das ein Anstieg um rund zehn Prozent. 2016 waren es noch 609 Millionen Euro. Das geht aus den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Achim Kessler hervor.

Die Heilmittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind seit 2016 um rund 15,8 Prozent gestiegen. Sie betrugen im Jahr 2018 rund 7,5 Milliarden Euro. Der Anteil der Zuzahlungen durch die Versicherten an den GKV-Ausgaben für Heilmittel beträgt rund neun Prozent. Der Anstieg der Ausgaben für Heilmittel geht vor allem auch auf die in den vergangenen Jahren beschlossenen, höheren Vergütungen für die therapeutischen Leistungen zurück. Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Damit werden auch die Zuzahlungen der Versicherten für die Leistungen steigen. 

Laut Bundesregierung sollen die Zuzahlungen der Versicherten die finanziellen Belastungen der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler begrenzen und die Solidargemeinschaft damit vor Überforderung schützen. Die bestehenden Belastungsgrenzen sorgen laut Bundesregierung bereits dafür, dass die Menschen nicht unverhältnismäßig finanziell belastet werden. Sie argumentiert hier auch mit einer Eigenverantwortung der Versicherten. Allerdings erläutert sie nicht, worin diese Eigenverantwortung besteht.

Dazu erklärt Achim Kessler, Sprecher für Gesundheitsökonomie der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

"Die bestehenden Zuzahlungsregelungen im Heilmittelbereich mit einer Trennung von 'Zuständigkeit' der Krankenkassen und einem 'Bereich der Eigenverantwortung' der Versicherten zu begründen, ist absurd. Denn Menschen, die eine Physiotherapie oder eine Ergotherapie von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin verordnet bekommen, haben einen entsprechenden Bedarf. Eigenverantwortung heißt hier letztlich, die Versicherten noch einmal zusätzlich zur Kasse zu bitten. Das muss aufhören. 

Die Bundesregierung nennt die Zuzahlungsregelungen 'sachgerecht' und 'ausbalanciert'. Sie verweist auf die Belastungsgrenzen. Dadurch seien die Versicherten vor finanzieller Überforderung geschützt. Aber blicken wir der Realität ins Auge: Wenn die Einkommen niedrig sind, dann sind zwei Prozent des Bruttoeinkommens Geld, auf das die Menschen nicht einfach verzichten können. Und dann kann es auch dazu kommen, dass Menschen Behandlungen nicht in Anspruch nehmen, obwohl sie eigentlich notwendig wären. 

668 Millionen Euro, die im Jahr 2018 (nach vorläufiger Schätzung) bundesweit an Zuzahlungen für Heilmittel gezahlt werden, wurden von den Versicherten alleine aufgebracht. Solange die Versicherten Zuzahlungen für notwendige Behandlungen leisten und ihre Brillen weiter selbst zahlen müssen, ist die Parität in der Finanzierung der GKV nicht eingelöst. 

Dass die Heilmittelerbringer besser vergütet werden, ist unbedingt notwendig, denn deren Einkommen waren bislang beschämend niedrig. Da aber in der Heilmittelversorgung die Zuzahlung der Versicherten an die Preisentwicklung gekoppelt ist, werden die finanziellen Belastungen für die Versicherten in den kommenden Jahren steigen. 

Wir fordern die Abschaffung der ungerechten Zuzahlungen in der Heilmittelversorgung. DIE LINKE setzt sich dafür ein, nicht nur die Zuzahlungen zu streichen, sondern das bisherige System der Kranken- und Pflegeversicherung durch eine Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung zu ersetzen, in die alle Bürgerinnen und Bürger nach ihrer individuellen Leistungsfähigkeit einzahlen."