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»Wir haben Antworten auf die drängenden Fragen, die die Menschen bewegen«

Interview der Woche von Cornelia Möhring, Sahra Wagenknecht,

Sahra Wagenknecht und Cormelia Möhring sind neue 1. stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Im INTERVIEW DER WOCHE skizzieren sie ihre Pläne: Cornelia Möhring sieht große Chancen in der »Kombination von Sahra als Wirtschafts- und Finanzpolitikerin und mir als feministischer Frauen- und Sozialpolitikerin« für die Verknüpfung von Inhalten. Sahra Wagenknecht denkt schon an die nächste Wahl, denn: »Die Menschen haben genug von Dauerkrise und einer Regierung, die die Interessen der Finanzmärkte zur Maxime des eigenen Handelns macht.«  

 

Gratulation zur Wahl als stellvertretende Fraktionsvorsitzende! Was bedeutet die Wahl für Ihre tägliche Arbeit - verändert sich Ihr bisheriges Aufgabengebiet?

Cornelia Möhring: Vielen Dank! Frauenpolitik wird nicht mehr mein Verantwortungsbereich sein, obwohl ich auch in meiner neuen Funktion feministische Politik machen werde. Wir werden uns die Stellvertretung des Fraktionsvorsitzenden teilen, so dass sicherlich einige neue Aufgaben in der Repräsentanz der Fraktion nach außen und Leitungsaufgaben nach innen auf alle vier stellvertretenden Vorsitzenden zukommen werden. Inhaltlich liegen mir liegen die Themen Arbeit und eine neue Politik um Zeit sehr am Herzen. Auch das wird Auswirkungen auf meine tägliche Arbeit haben.

Sahra Wagenknecht: Ich freue mich darauf, an zentraler Stelle in der Fraktion zu arbeiten und diese nach innen und außen zu vertreten. Ich werde zukünftig sicher mehr im Bundestag reden und damit die Möglichkeit haben, noch stärker in die Öffentlichkeit zu wirken als bisher. Inhaltlich werde ich mich schwerpunktmäßig weiter mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik beschäftigen - wichtige Arbeitsfelder für DIE LINKE, erst recht in Zeiten der Eurokrise. Es geht mir darum aufzuzeigen: DIE LINKE steht für Alternativen zu diesem kapitalistischen System. Wir haben wirksame Konzepte, um die Krise zu bewältigen. Wir finden uns nicht damit ab, dass immer mehr Geld verschleudert wird, um Banken und Vermögende zu retten, sondern wir wollen Politik für die Mehrheit der Menschen machen.

Cornelia Möhring, Sie wechseln innerhalb des Vorstands die Position: welche inhaltliche Veränderung bedeutet das?

Ich möchte, dass wir uns in unserer parlamentarischen Arbeit und in unserer Außendarstellung künftig stärker konzentrieren, schneller reagieren und mit unseren Themen zur neuen sozialen Idee der LINKEN punkten. Als erste stellvertretende Fraktionsvorsitzende denke ich darauf mehr Einfluss nehmen zu können. Ich finde es zudem außerordentlich wichtig, dass wir demokratischer und transparenter arbeiten und alle MdB mehr Gelegenheiten bekommen, sich als Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker zu präsentieren. Dafür gibt es bereits viele Ideen aus der Fraktion, die wir zügig umsetzen könnten.

Sahra Wagenknecht, Sie waren bisher nicht Mitglied des Vorstands: Welche Projekte wollen Sie in Angriff nehmen?

Ein wichtiger Punkt wird sein, die Konzepte und Positionen, die die Fraktion erarbeitet hat, stärker in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Menschen haben genug von Dauerkrise und einer Regierung, die die Interessen der Finanzmärkte zur Maxime des eigenen Handels macht. Wir müssen zeigen, dass wir Antworten haben auf die drängenden Fragen, die die Menschen bewegen, nämlich wie sich Sozialabbau und Umverteilung stoppen und gute Arbeit und soziale Sicherheit erreichen lassen. Die Hälfte der Legislaturperiode ist jetzt bereits vorbei, und wir müssen uns langsam aufstellen für die nächste Bundestagswahl. Denn eines ist klar: Dieses Land braucht dringend einen politischen Wechsel!

Cornelia Möhring: Welche Bedeutung haben die Veränderungen im Fraktionsvorstand für die inhaltliche Arbeit der Fraktion?

Wir haben mit der Wahl der Fraktionsspitze auch Themen gesetzt. So birgt die Kombination von Sahra als Wirtschafts- und Finanzpolitikerin und mir als feministischer Frauen- und Sozialpolitikerin, die große Chance diese Inhalte auch stärker als bisher zu verknüpfen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr, auf die Diskussionen im Vorstand und in der Fraktion.

Sahra Wagenknecht: Wird es neue inhaltliche Schwerpunkte geben?

Zentrales Thema ist derzeit die Euro-, Banken- und Finanzkrise und wie sie sich bewältigen lässt. DIE LINKE will, dass die Profiteure der Krise, also Banken und Vermögende bezahlen und die Kosten der Krise nicht auf die Bevölkerung abgewälzt werden. Wir wollen, dass das Geld der Steuerzahler dorthin fließt, wo es den Menschen nutzt. Dieses Thema wird einen Schwerpunkt unserer Arbeit bilden. DIE LINKE ist inhaltlich insgesamt gut aufgestellt. Wir stehen für soziale Gerechtigkeit, wir wollen gute Arbeit zu fairen Löhnen, eine sichere Rente und eine gute Gesundheitsversorgung für alle Menschen unabhängig vom Geldbeutel schaffen. Wir sind die Friedenspartei und wollen, dass endlich Schluss ist mit dem Krieg in Afghanistan. Wir kämpfen gegen Rechtspopulismus und wollen die Gesellschaft auf allen Ebenen demokratisieren.

Die Fraktion DIE LINKE profitiert aktuell nicht davon, dass sie politisch durchaus erfolgreich ist: so wird der Mindestlohn jetzt sogar von der Union ins Gespräch gebracht. Erfolg oder Misserfolg?

Sahra Wagenknecht: Die aktuelle Debatte zeigt: Links wirkt! Es ist die Linke, die sich seit Jahren für den Mindestlohn stark macht. Ohne den Druck von links wäre es nie dazu gekommen, dass die Regierung jetzt den Mindestlohn als Thema entdeckt. Doch natürlich ist es maximal ein halber Erfolg, denn was die Regierung will, ist meilenweit von dem entfernt, was die Linke fordert: Wir wollen keinen Mindestlohn light wie die CDU, sondern 10 Euro pro Stunde. Denn Menschen sollen von ihrer Arbeit leben können! Die Linke wird deshalb hier weiter Druck machen.

Cornelia Möhring: Es ist zweifellos ein Erfolg unserer Politik, dass das Thema Mindestlohn auch von den anderen Fraktionen nicht mehr ignoriert werden kann. Der Mindestlohn von Frau Merkel ist aber eine reine Mogelpackung: außen steht Mindestlohn oder Lohnuntergrenze drauf und innen sind Armutslöhne drin. Deshalb müssen wir unsere Forderung nach einem flächendeckendem gesetzlichem Mindestlohn von mindestens 10 Euro noch nachdrücklicher erheben.

 

www.linksfraktion.de, 14. November 2011