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Kassenbeleg mit der 7 und 19 Prozent Mehrwertsteuer und dreimal gespart © iStock/Imagesines

Weiter 7 statt 19 % MwSt. für Gas, Fernwärme und Gastro!

Nachricht von Dietmar Bartsch, Christian Görke,

Finanzminister Lindner will offenbar die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme von derzeit 7 % auf die ursprünglichen 19 % erhöhen. Infolge plötzlich extrem hoher Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme am 1. Oktober 2022 steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis Ende März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von 7 statt 19 % gelten. Wegen gesunkener Gaspreise will Lindner diese Entlastung bereits zum Jahreswechsel stoppen. Die Linksfraktion setzt das Thema kurzfristig in dieser Woche auf die Tagesordnung des Bundestages und fordert in ihrem Antrag von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der den auf 7 % gesenkten Umsatzsteuersatz auf Lieferungen von Gas und Fernwärme sowie auf Speisen in der Gastronomie verlängert und entfristet.

"Die Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme zum 1. Januar von 7 auf 19 % anzuheben, treibt das Land tiefer in die Rezession", entgegnet Dietmar Bartsch und empfiehlt: "Der Finanzminister sollte nicht Verbrauchern noch höhere Kosten aufbürden, sondern die Profiteure, die schamlos an Strom- und Gaszählern, Supermarktkassen und Zapfsäulen abkassieren, mit einer angemessenen Übergewinnsteuer belegen. Dass einige Konzerne obszöne Profite einstreichen, während Teile der Bevölkerung in immer größere Not geraten, ist nicht gottgewollt, liebe Sozialdemokraten, Grüne und Liberale! Eine wirkliche 'Fortschrittskoalition' hätte längst gehandelt. Solange Chrisitan Lindner ausschließlich als Vermögensverwalter des deutschen Geldadels agiert, wird die Mehrheit der Bürger und werden klein- und mittelständische Unternehmen bluten."

Energie und Lebensmittel waren in den letzten Jahren die stärksten Preistreiber. Besonders die Kaufkraft geringer und mittlerer Einkommen hat darunter massiv gelitten, die Armut zugenommen. Um den Kaufkraftverlust abzufedern, wurden die Umsatzsteuersätze bei Gas und Fernwärme sowie bei Verpflegungen in der Gastronomie temporär auf 7 % gesenkt. Für die Gastronomie-Branche war die Senkung ursprünglich zudem eine Konjunkturstütze während der Pandemie. Bis heute hat sich die Branche allerdings nicht wieder auf das Vorkrisenniveau von 2019 erholt.

Christian Görke warnt: "Es wäre angesichts der neuesten Umsatzzahlen ein fatales Signal, den Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie in Zeiten von Wirtschaftskrise wieder von 7 auf 19 % anzuheben. Der zwölf % höhere Satz würde sofort auf die Kunden abgewälzt. Die Inflation sorgt ohnehin schon dafür, dass selbst Familien mit Mittelschichtseinkommen und Kindern genau kalkulieren müssen, ob sie auswärts essen oder nicht."

Betrieben bliebe die Kundschaft weg, so Görke: "Seit drei Jahren ist Dauerkrise in der Gastro: erst die Lockdowns, dann die fehlenden Fachkräfte und jetzt die höheren Einkaufspreise für Strom, Gas und Zutaten. Rund 36.000 Betriebe haben seitdem Insolvenz angemeldet. Damit scheitern nicht nur Existenzen, auch gehen wichtige soziale Orte verloren. Viele Tausend weitere stehen heute vor dem Aus. Kein Wunder, denn preisbereinigt lag der Umsatz in der Gastronomie im ersten Halbjahr noch immer rund 10 % unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Und drittens, das vergessen leider viele, würde die Erhöhung auch die Verpflegung in Schulen und Kitas verteuern."

Es brauche schnell Klarheit über den Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie. "Die Ampel versucht sich in ihrer Not bis zur Steuerschätzung im November zu retten. Das wäre eine Zumutung für die Gastro. Unsicherheit ist Gift, und Steueränderungen lassen sich nicht über Nacht in den Betrieben umsetzen", kritisiert Finanzexperte Görke.

Das nun von der Bundesregierung offensichtlich geplante Auslaufen der Maßnahmen macht zusammen eine Steuerhöhung von rund zehn Milliarden Euro jährlich aus: fast 7 Milliarden beim Gas bzw. Fernwärme und drei Milliarden bei der Gastronomie. Dadurch werden Energie als auch Speisen in der Gastronomie wieder sprungartig teurer, denn die höhere Umsatzwertsteuer würde auf die Kunden über- wälzt und die Inflation so befeuert. Die Regierung konterkariert so sogar die wirtschaftsschädlichen Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank.

Es ist gar zu befürchten, dass mehr als 100 % der Erhöhung an die Kunden weitergegeben werden – etwa durch das Einhalten psychologischer Preisgrenzen oder die bloße Margenausweitung unter dem Schleier der sowieso entstehenden Preiserhöhung. Besonders in der Gastronomie würde die wegbrechende Nach- frage zum Insolvenzrisiko für zehntausende Betriebe. Eine Steuerpolitik, die kleine und mittlere Einkommen belastet, verbietet sich in der Wirtschaftskrise.