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Wider die Tarifflucht!

Im Wortlaut von Sabine Zimmermann,

Immer mehr Arbeitgeber entziehen sich Tarifverträgen. Das geht nicht nur auf Kosten der Beschäftigten, sondern auch der Gesellschaft. Denn die Niedriglöhne werden mit Steuergeldern in Milliardenhöhe aufstockt. Sabine Zimmermann erklärt, was DIE LINKE tut, um gemeinsam mit Gewerkschaften Tarifverträge zu stärken und damit für mehr Gute Arbeit und Löhne zu sorgen.

Von Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion

 

 

 

Karstadt tut es, Amazon tut es, immer mehr Unternehmen tun es: Sie steigen aus Tarifverträgen aus oder weigern sich gar, welche abzuschließen. Der Karstadt-Besitzer und Milliardär Nicolas Berggruen hat seit der Übernahme des Kaufhauses keinen Cent in das Unternehmen investiert, kündigte dafür aber kürzlich den Tarifvertrag. Lohnerhöhungen soll es keine geben, alle neu eingestellten Beschäftigten kann er nun nach Gutdünken bezahlen und einsetzen. Das führende Online-Versandunternehmen Amazon wiederum weigert sich beharrlich, seine Beschäftigten nach dem üblichen Tarifvertrag zu bezahlen. Damit setzt das Unternehmen bewusst auf ein Geschäftsmodell mit Niedriglöhnen, um Konkurrenten, die sich an Tarifverträge halten, aus dem Markt zu drängen. Die Politik hat, statt dies zu unterbinden, dem Unternehmen in den zurückliegenden Jahren auch noch über 14 Millionen Euro öffentliche Fördergelder gegeben.

Karstadt und Amazon sind keine Einzelfälle. Im Jahr 2012 wurden nur noch 53 Prozent der Beschäftigten im Westen und 36 Prozent im Osten Deutschlands nach einem Flächentarifvertrag bezahlt, teilte die Bundesagentur für Arbeit kürzlich mit. Im Jahr 1996 waren es noch 70 Prozent im Westen und 56 Prozent im Osten. In Flächentarifverträgen werden für eine Branche einheitliche Standards für Löhne und Gehälter festgelegt, die eigentlich für alle Unternehmen gelten sollten. Entziehen sich aber immer mehr Unternehmen den Tarifverträgen, ist ein Wettlauf über die niedrigsten Löhne vorprogrammiert. Beschäftigte ohne Tarifvertrag erhalten im Schnitt ein Viertel weniger Lohn als Beschäftigte mit Tarifvertrag.

Wohin diese Entwicklung führt, zeigt dramatisch der Handel. Dort sind in den vergangenen Jahren immer mehr Unternehmen aus der Tarifbindung ausgeschieden. Die Folge: Inzwischen arbeitet dort jeder dritte der mehrheitlich weiblichen Beschäftigten unterhalb der amtlichen Niedriglohngrenze von 10,36 Euro, jeder fünfte sogar unter 8,50 Euro. Die untersten Tariflöhne beginnen je nach Region und Tätigkeit eigentlich erst bei 12 oder 13 Euro.

Dies ist nicht nur bitter für die Beschäftigten, von denen 130.000 ihr geringes Einkommen durch ergänzende Hartz IV-Leistungen aufstocken müssen. Die Gesellschaft subventioniert dieses Lohndumping im Handel. Sie stockt dort die Niedriglöhne jährlich mit 1,5 Milliarden Euro auf, während die Unternehmen zugleich über 20 Milliarden Euro Gewinn gemachen.

DIE LINKE sagt: So kann es nicht weitergehen. Wir wollen als untere Haltelinie einen Mindestlohn von zehn Euro einführen. Wenn in einer Branche der unterste Tariflohn über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, soll dieser für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dazu muss die Allgemeinverbindlichkeitserklärung erleichtert werden. Das würde bedeuten, dass jedes Unternehmen gesetzlich verpflichtet wäre, seine Beschäftigten nach dem gängigen Branchentarifvertrag zu bezahlen – auch wenn es mit der Gewerkschaft keinen Tarifvertrag geschlossen hat.

Wir wollen prekäre Beschäftigung wie Leiharbeit, Befristungen und Minijobs eindämmen. Denn sie sind in der Regel mit Niedriglöhnen verbunden. Und sie schwächen die Kampfkraft der Gewerkschaften. Diese müssen aber gestärkt werden, um wieder mehr und auch bessere Tarifverträge abschließen zu können.

DIE LINKE streitet für gute Arbeit und Löhne und hat dafür im Bundestag konkrete Vorschläge eingebracht. Wir unterstützten zugleich den Kampf der Beschäftigten bei Amazon und Karstadt für einen Tarifvertrag. Für die Beschäftigten im Handel, die sich derzeit gegen die Kündigung der Tarifverträge durch die Arbeitgeber wehren, haben wir eine Unterstützerpostkarte produziert. Weitere Infos finden sich unter www.linksfraktion.de/einzelhandel. Je mehr Menschen hier aktiv werden, um so eher wird sich etwas ändern.

 

linksfraktion.de, 7. August 2013