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Weiter-So-Koalition gegen eine friedliche Außen- und Sicherheitspolitik

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Weder eine Wiederherstellung des Sozialstaats noch eine friedliche Außenpolitik ist mit der neuen Großen Koalition aus Union und SPD zu machen. In den zentralen Bereichen setzt die GroKo den Kurs der Vorgängerregierung fort. Außen- und Sicherheitspolitik werden auf Rüstungsexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr orientiert. Deutschland wird zum Aufmarschplatz von USA und NATO gegen Russland. Die Bundeswehr wird aufgerüstet für weltweite Militärinterventionen und eine militärische Drohkulisse gegenüber Moskau. Die Beteiligung an globalen Kriegen wie in Afghanistan soll weiter fortgesetzt werden. Am NATO-Ziel der Erhöhung der Militärausgaben auf 2 Prozent des Bruttosozialprodukts will die GroKo explizit festhalten und dem „Zielkorridor der Vereinbarungen in der NATO folgen“. Damit soll der Militärhaushalt von derzeit 37 Milliarden Euro auf über 70 Milliarden Euro pro Jahr in den nächsten Jahren erhöht werden.

Aufrüstung als Ziel wird ausdrücklich erwähnt

Zugleich wirft die GroKo im Koalitionsvertrag massiv die Nebelmaschine an, um ihre Orientierung auf Aufrüstung und Eskalationspolitik zu überdecken. So ist im Koalitionsvertrag vom Ziel einer „weiteren Einschränkung von Rüstungsexporten“ die Rede. Angesichts immer neuer Rüstungsexportrekorde der alten GroKo mutet diese Passage fast schon zynisch an.

Aufrüstung als Ziel wird dagegen ausdrücklich erwähnt. Mit dem Postulat, dass die finanziellen Mittel für zivile Konfliktprävention und eine Erhöhung der Entwicklungshilfe entsprechend zu den Investitionen in Kriegsvorbereitung und eine Stärkung der Bundeswehr erhöht werden sollen, soll der Bevölkerung offenbar die nahezu Verdoppelung des Militärhaushalts in den nächsten Jahren schmackhaft gemacht werden.

Neben einer Aufrüstung innerhalb der NATO setzen Union und SPD auch auf eine verstärkte Militarisierung der EU, die mit eigenen Militärstrukturen versehen werden soll. So soll die Aufrüstungs- und Militärunion mit einem eigenständigen EU-Militärhaushalt genannt Verteidigungsfond vorangetrieben werden. 

Kooperation mit Diktaturen

Außenpolitisch will man weiterhin eng mit Diktaturen und Despotien kooperieren. So soll der EU-Beitrittsprozess mit der Türkei nicht auf Eis gelegt werden. Dies bedeutet, dass das Erdogan-Regime auch weiterhin mit lukrativen EU-Finanz- und Kredithilfen rechnen kann. Trotz des Angriffskrieges der Türkei gegen die Kurden in Syrien und des Einmarschs türkischer Truppen in die Regionen im Norden Syriens wird kein Rüstungsexportstopp erklärt. Die Türkei Erdogans soll aus geopolitischen Interessen an der Seite der Bundesregierung gehalten werden, auch wenn die Kurden, die sich dem IS und den islamistischen Terrormilizen in Syrien entgegengestellt haben, dabei zugrunde gehen. 

Fluchtursachen bekämpfen? Das Gegenteil ist der Fall

Erneut wird die Bekämpfung von Fluchtursachen beschworen. Zugleich wird eine Außenwirtschaftspolitik mit der Freihandelsorientierung fortgesetzt, die auf die Zerstörung der afrikanischen Landwirtschaft setzt und jede eigenständige Entwicklung im Süden blockiert. Dazu kommt, dass in Afrika in den Aufbau militärischer Strukturen investiert werden soll und somit insbesondere auf die Militarisierung des Sahelgürtels gesetzt wird. Bei Rüstungsexporten bleibt es bei den Lippenbekenntnissen „weiterer Einschränkungen“. Zugleich ist selbst ein Rüstungsexportstopp in Spannungs- und Kriegsgebiete nicht erkennbar. Die Maßgabe, keine Kleinwaffen mehr in Drittländer exportieren zu wollen, läuft angesichts zahlreicher Lizenzproduktionen deutscher Rüstungskonzerne im Ausland quasi ins Leere. Selbst der mörderische Krieg unter Führung der islamistischen Kopf-Ab-Diktatur Saudi-Arabien gegen den Jemen soll weiter befeuert werden. Zwar sollen keine Rüstungsexporte mehr in Länder genehmigt werden, die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg beteiligt sind, zugleich bleibt diese Formulierung äußerst dehnbar, weiterhin wird nämlich auch die Möglichkeit eröffnet, bereits genehmigte Rüstungsgüter weiterhin auszuliefern, wenn die betroffenen Firmen nachweisen können, dass die Rüstungsgüter im Empfängerland verbleiben. 

Weiter-so bleibt Programm

Fakt ist, es bleibt im Wesentlichen alles beim Alten. Der Koalitionsvertrag setzt weiterhin auf eine unfriedliche Außenpolitik, die mit Kriegsbeteiligungen, Freihandelspolitik und Rüstungsexporten ständig neue Fluchtursachen schafft. Zugleich sollen bestimmte Formulierungen offenbar den Eindruck suggerieren, als gäbe es eine wirkliche Wende. Bei näheren Hinsehen wird allerdings deutlich, dass die Orientierung auf Aufrüstung, Aufmarsch gegen Russland und geopolitische Pakte mit Diktaturen verschleiert werden soll. Dieser Koalitionsvertrag ist ein moralischer und politischer Offenbarungseid von Union und SPD. Die unfriedliche Außen- und Sicherheitspolitik wird dazu beitragen, dass eine Wiederherstellung des Sozialstaats in Zukunft auch an den massiv erhöhten Militärausgaben scheitern wird.

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