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Was kommt nach Sotschi?

Kolumne von Katrin Kunert,


Katrin Kunert (2.v.r.) in Sotschi
 

Die XXII. Olympischen Winterspiele sind Geschichte und geschichtsträchtig waren sie auf jeden Fall. Einige Rekorde wurden mit diesen Spielen gebrochen: beispielsweise waren es die teuersten Winterspiele aller Zeiten, die ersten Winterspiele in den Subtropen und es gab die strengsten Sicherheitsvorkehrungen. Katrin Kunert, Obfrau im Sportausschuss für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, hat ein paar Tage vor Ort erlebt und zieht nun Bilanz.

 

Zunächst freue ich mich natürlich über das Abschneiden der deutschen Mannschaft! Ich möchte auf diesem Weg allen Athletinnen und Athleten zu ihren Erfolgen ganz herzlich gratulieren. Die Sportlerinnen und Sportler, bei denen es nicht nach Wunsch verlaufen ist, wünsche ich eine gute Zeit und auf ein Neues! Ich bin sehr froh, dass diese Spiele friedlich abgelaufen sind und sich keine der Terrordrohungen bewahrheitet hat. Schade finde ich allerdings, dass ein Dopingfall in der deutschen Mannschaft einen Schatten auf die Spiele geworfen hat.

Dass Sportveranstaltungen zum Anlass genommen werden, um auf Missstände im Austragungsland hinzuweisen, ist nicht neu. Solche Diskussionen gab es beispielsweise auch bei den Olympischen Sommerspielen in Peking 2008. Im Rahmen einer solchen Veranstaltung hat man aber die Möglichkeit zum Dialog. Man sollte diese Chance nutzen und nicht nur zum Boykott aufrufen, was ich grundsätzlich ablehne. Ich würde mich freuen, wenn viele dieser Dialoge auch nach den Spielen fortgesetzt werden. Nur so können die Menschen zum Nachdenken angeregt und Dinge langfristig verändert werden. Ich appelliere auch an die Verantwortlichen in Russland, das Gesetz gegen "homosexuelle Propaganda" zurückzunehmen.

Schockiert über Festnahme des Menschenrechtlers Simonow

Der Olympische Gedanke hat meiner Meinung nach schon dann Früchte getragen, wenn sich in einige kritikwürdige Punkte zum Besseren verändern. Man kann nicht erwarten, dass Olympische Spiele durchgeführt werden und allein dadurch im Austragungsland ein Idealzustand hergestellt wird. Bei aller berechtigten Kritik muss man nämlich aufpassen, dass der Sport mit Forderungen nicht überfrachtet wird.

Schockiert war ich über die Meldung der vorrübergehenden Festnahme des Menschenrechtlers Semjon Simonow und das skrupellose Vorgehen Putins gegen Homosexuelle auch während der Olympischen Spiele. Mit Simonow habe ich während meines Besuchs noch ein sehr interessantes Gespräch führen können. Er hat sich vor Ort für die Situation der Gastarbeiter stark gemacht. Das, was er beschrieben hat, ist nicht hinnehmbar und muss dringend aufgeklärt werden. Auch mit Blick auf Katar müssen wir diese Vorwürfe im Auge behalten. Es kann nicht sein, dass Menschen ausgebeutet werden, um eine Sportveranstaltung durchzuführen. Meiner Meinung nach liegt die Verantwortung dafür aber auch bei den großen Sportorganisationen. Diese müssen eindeutige Kriterien festlegen, nach denen Sportveranstaltungen vergeben werden und beispielsweise auch Sanktionsmöglichkeiten entwickeln, wenn gegen grundlegende Rechte verstoßen wird.

Russland hat es in der Hand

Unverhältnismäßig waren sicher die krassen Eingriffe in Natur und Umwelt im Kaukasus, die Umsiedlungen und Enteignungen. Nach Auffassung der Umweltschützer wiegen die Ausgleichsmaßnahmen, die entstandenen Schäden an der Natur in keiner Weise auf. Es soll nicht als Entschuldigung gewertet werden, aber Krasnaja Poljana wäre auch ohne Olympische Spiele gebaut worden. Es ist das einzige Skigebiet in Russland. Sotschi ist auch ein wichtiger Impuls für den Bau von Sportstätten in ganz Russland, wie uns Irina Konstantinowna Rodnina, Vertreterin der russischen Duma und dreifache Olympiasiegern im Paarlauf, berichtete.

Für die Bevölkerung vor Ort wünsche ich mir insbesondere, dass sich die Hoffnungen der jungen Menschen, die ich als freiwillige Helfer vor Ort erlebt habe, erfüllen und diese Spiele eine Chance für sie selbst aber auch für ihr Land sind. Russland hat es in der Hand, was es daraus macht. Die Welt war zu Gast und es wurden sicherlich hier und da Denkanstöße gegeben und Türen geöffnet. Russland muss nun entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Sollte sich nichts ändern, dann wird es wohl zur Fußball-WM 2018 wieder ähnliche Diskussionen geben.

Für die Zukunft der Olympischen Spiele hoffe ich, dass diese Winterspiele nicht zum Maßstab werden. Ich bin überzeugt, dass man alles auch etwas kleiner und bescheidener durchführen kann.

Zu guter Letzt möchte ich darauf hinweisen, dass am 6. März die Paralympischen Winterspiele beginnen und ich erwarte, dass der Fokus der Öffentlichkeit auf Sotschi bleibt. Die Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung leisten Großartiges und haben ebenso die ungeteilte Aufmerksamkeit verdient.


linksfraktion.de, 24. Februar 2014