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Volkswagen #dieselgate: Kein »Weiter so«! Umsteuern zur Sicherung von Beschäftigung und Steuereinnahmen der Kommunen!

Im Wortlaut von Herbert Behrens,


Von Herbert Behrens, Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Fraktion DIE LINLE. im Bundestag

 

Mehr als 200.000 Menschen in Niedersachsen arbeiten bei Volkswagen und in der Zulieferindustrie des Unternehmens. An allen Standorten von Volkswagen und Audi bangen die Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze, die Bürgermeister und Stadtkämmerer zittern, weil es bei VW Probleme gibt.

Jetzt erleben sie eine Art Super-GAU. In 11 Millionen Diesel-Fahrzeugen ist eine Software eingebaut worden, die auf dem Prüfstand weniger Verbrauch und Schadstoffausstoß anzeigt, als bei der Fahrt auf der Straße tatsächlich entstehen. Mit krimineller Energie haben sich Verantwortliche daran gemacht, Verbraucherinnen und Verbraucher zu täuschen und gesetzliche Vorgaben in Europa wie in den USA zu hintergehen. Dieser Betrug wird lange vertuscht, obwohl es Hinweise aus den zuständigen Abteilungen gibt.

Eine halbe Million Autofahrerinnen und Autofahrer in den USA drohen mit Klagen. Das wird den Konzern viele Milliarden Euro kosten. Der Betrug mit den Schadstoffwerten lässt Vertrauen von Kunden und den Aktienkurs abstürzen. Zwischen März und September 2015 haben die VW-Aktien zwei Drittel ihres Verkaufswertes verloren. Das bedeutet mehr als 80 Milliarden Euro Wertverlust für die Anleger.

Ziel „Weltmarktführer“ alles untergeordnet

Eine „schonungslose Aufklärung“ soll nun die Verantwortlichen herausfinden. Doch die wirklichen Ursachen werden nicht benannt.

Als Ferdinand Piëch 1993 VW-Vorstandsvorsitzender wird, erklärt er den „Krieg der Automobilkonzerne“, an dessen Ende er Sieger sein wollte. Dem Ziel „Weltmarktführer“ wird alles untergeordnet. Rationalisierung nach innen und Expansion nach außen durch Zukauf  weiterer Marken (Porsche, Bentley, Bugatti, Lamborghini, MAN, Scania und Ducati) in Verbindung mit einem gnadenlosen Preisdruck auf Zulieferer festigen die Weltmarktposition des Konzerns. Piëchs Wunsch-Nachfolger Winterkorn verfolgt nach seinem Amtsantritt 2007 dieses Ziel unbeirrt weiter. Mitte des Jahres 2015 scheint das Ziel erreicht zu sein.

Der mörderische globale Wettbewerb der internationalen Automobilkonzerne kennt kein Pardon. Die Konzern-Bosse umgehen Auflagen zu Grenzwerten und schrecken nicht vor Betrug an Kundinnen und Kunden. Mit unabsehbaren Folgen. Das existenzielle Interesse der Kolleginnen und Kollegen  nach sicheren und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen kümmert die Konzern-Spitzen der Konzerne wenig. Die Kolleginnen und Kollegen wollen Produkte herstellen, die ihnen und anderen nicht die Luft zum Atmen nehmen und ihren Kindern eine lebenswerte Umwelt hinterlassen. Das unverantwortliche und kriminelle Handeln der Eigentümer und Manager gefährdet in höchstem Maße die Zukunft der Arbeitsplätze in allen Standorten von Volkswagen rund um den Erdball. 

In den Städten Wolfsburg, Braunschweig und Ingolstadt werden Haushaltsperren verhängt und Haushaltsberatungen für 2016 verschoben, weil die Betrügereien  der VW-Konzernführung die Gewerbesteuereinnahmen infrage stellen.

Die Arroganz und grenzenlose Überheblichkeit der Manager und der Großaktionäre beeinträchtigt das Leben hunderttausender Menschen. Die Multimilliardäre (Porsche-Piëch-Clan, 35 Milliarden Euro Privatvermögen) und ihre millionenschweren Manager (Winterkorn & Co. mit Einkommen und Bonuszahlungen in zweistelliger Millionenhöhe) wähnen sich als die Herren der Welt, die nur ihren eigenen Gesetzen der Profitlogik zu folgen haben – mit Betrug und ohne Skrupel, ohne Rücksicht auf staatliche Regelungen und Gesetze, solange sie nicht erwischt werden. Lästige, die Profite mindernde Regelungen haben zu verschwinden.

Folgende Schlussfolgerungen ergeben sich unmittelbar aus diesem Skandal:

  1. Ein „Weiter so“ kann es und wird es nicht geben!
  2. Die bisherige Massenmotorisierung ist unverträglich mit den begrenzten Ressourcen und mit der Belastung für das Klima. Es bedarf einer grundsätzlich anderen Verkehrspolitik – weg vom motorisierten Individualverkehr, hin zu einem umweltfreundlichen und kostengünstigen öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Dieser Paradigmenwechsel bedarf einer gesellschaftlichen Planung und der Mitbestimmung von Produzenten und Konsumenten. Dabei kommt der VW-Belegschaft eine große Verantwortung zu. Es ist aber auch die Chance damit verbunden, andere, umweltverträgliche Produkte herzustellen und die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Diese Wende kann und muss jetzt eingeleitet werden!
  3. Die milliardenschweren Eigentümer, der Porsche-Piëch-Clan und die Katar-Holding, müssen für die Schäden aufkommen. Die Beschäftigten, das Land Niedersachsen als Miteigentümer und die Kommunen sind dabei vor den Folgen dieses Betrugs zu schützen.

linksfraktion.de, 5. Oktober 2015