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»Umweltpolitisch sind wir radikaler als die Grünen«

Im Wortlaut von Hans-Kurt Hill,

Die Linke berät am Wochenende über die Energiepolitik. Sie will Umweltthemen noch stärker mit sozialen Fragen verknüpfen. Gespräch mit Hans-Kurt Hill

Am Wochenende findet die von der Partei Die Linke und ihrer Bundestagsfraktion organisierte Energiepolitische Konferenz »klima&energie - macht - arbeit« in Hamburg statt. Soll die Partei in den nächsten Tagen auf den Ökosozialismus eingeschworen werden?

Ökologie und soziale Fragen hängen sehr eng zusammen. Eine zukunftsfähige Energiepolitik ist auf der einen Seite Klimaschutz und auf der anderen Friedens- und Sozialpolitik. Deshalb ist es richtig, daß sich Die Linke auch mit solchen Themen und nicht nur mit Hartz IV beschäftigt. Energie ist ein öffentliches Gut und sollte auch allen zugänglich sein. Damit hat Die Linke auch bei diesem Thema eine so­ziale Aufgabe zu erfüllen.

Umwelt und Klima sind zur Zeit Modethemen. Auch die SPD hat sich soeben auf ihrem Parteitag ein grünes Profil zu geben versucht. Worin unterscheidet sich Ihre Parei davon?

Nur wir verknüpfen umweltpolitische Themen immer mit einer sozialen Frage. Bei uns geht es nicht darum, die Vetternwirtschaft der Energiepolitik weiter voranzutreiben. Der Unterschied zwischen der SPD und uns liegt schon darin, daß wir keine Lobbyisten innerhalb der großen Energiekonzerne haben und sie auch nicht haben werden. Die SPD macht sich unglaubwürdig: Einerseits fördert sie weiter den Bau großer fossiler Stein- und Braunkohlewerke, andererseits will sie den Klimaschutz voranbringen. Zudem sind Parteitagsbeschlüsse auch nicht bindend. Ich glaube auch nicht, daß die Sozialdemokraten mit ihrem grünen Programm in der Großen Koalition auf Beifall stoßen. Das ist eher ein Feigenblatt.

Am Wochenende sollen in Hamburg auch die Spitzenpolitiker der Linkspartei Oskar Lafontaine und Gregor Gysi auftreten. Ist das ein Signal dafür, daß das einstige Randthema in der Linkspartei an der Spitze angekommen ist?

Das ist schon längst an der Spitze angekommen. Sowohl in der Fraktion als auch in der Partei gehört die Energiepolitik zu den Kernthemen. In der Vergangenheit wurde die Partei nur mit der sozialen Frage in Verbindung gebracht, obwohl sie sich umweltpolitisch schon weit profiliert hat.

Aber oft sieht man die Linke trotzdem nur als die Partei, die für die sozial Schwachen da ist. Doch Energie- bzw. Umweltpolitik betrifft gerade die Benachteiligten: Die Reichen können sich immer Energie leisten, die Schwachen meistens nur noch sehr mühsam.

Was soll in Hamburg besprochen werden?

Ein wichtiges Thema ist der Kampf um die letzten Ressourcen dieser Erde. Energie- und Umweltpolitik ist damit auch eine Frage der Friedenspolitik. Ich erinnere da nur an das Weißbuch des Verteidigungsministers. Dort steht, daß die Ressourcen notfalls auch unter Einsatz der Bundeswehr zu sichern sind. Das zweite ist der Umbau der Energiewirtschaft und daß die Bürger daran demokratisch beteiligt werden. Wir fragen uns, wie man einen solchen Umbruch gestalten könnte und wie man dann mit Dezentralisierung, mit Braun- und Steinkohle umgeht und wie die Verkehrskonzepte der Zukunft aussehen sollen.

Es sind auch Umweltverbände eingeladen. Gibt es schon eine konstruktive Zusammenarbeit, oder sind die eher noch den Grünen zugeneigt?

Wir sind ständig mit Nichtregierungsorganisationen und Verbänden in Verbindung. Daß das ein Feld der Grünen ist, suggeriert nur die Presse. Wenn es um Atompolitik geht, werden eben immer zuerst die Grünen zitiert. Unsere umweltpolitischen Forderungen sind aber in vielen Punkten gleich, teilweise sogar noch radikaler. Ein Beispiel ist die Rekommunalisierung der Energienetze.

In der Linkspartei gibt es auch Braunkohlefans. Wie verträgt sich das mit Ihren umweltpolitischen Ansprüchen?

Ich kann nur auf unsere Kohleposition verweisen. Ein gutes Beispiel ist auch der Beschluß der brandenburgischen Linkspartei, die die Bürgerinitiative zum langfristigen Ausstieg aus der Braunkohle unterstützt. Bei diesen Themen wird in der Partei nicht mehr mit zwei Stimmen gesprochen.

Interview: Interview: Susanne Götze

junge Welt, 2. November 2007