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»Troika für Alle« wird durch den Wettbewerbspakt Realität

Im Wortlaut von Andrej Hunko,

Von Andrej Hunko

 




Das Vorhaben der EU, die Mitgliedstaaten der Eurozone durch einen "Wettbewerbspakt" noch stärker auf Konkurrenz und Sozialabbau zu verpflichten, nimmt langsam konkretere Formen an. Mit Zuckerbrot und Peitsche sollen die Euro-Länder dazu gebracht werden "Strukturreformen" durchzusetzen, um ihre Wirtschaft "wettbewerbsfähiger" zu machen. Ein kürzlich geleaktes EU-Dokument zeigt: Diese Schritte sollen mit möglichst geringer demokratischer Kontrolle durchgesetzt werden.

Wesentliches Merkmal des Paktes: In einzelnen so genannten Reformverträgen mit der EU-Kommission sollen sich alle Mitgliedstaaten der Eurozone zu Strukturreformen verpflichten. Als Belohnung für deren Umsetzung sind "Solidaritätsmechanismen" vorgesehen, das heißt vor allem Kredite, deren Auszahlung aber immer an die Erfüllung der Verpflichtungen gebunden ist.

In dem Text des Kabinetts von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy werden erste konkrete Entwürfe skizziert, wie der Pakt umgesetzt werden soll. "Idealerweise", heißt es in dem Papier, "sollten nationale Parlamente beratend einbezogen werden, bevor die vertraglichen Vereinbarungen mit der Kommission formalisiert werden". Im Klartext bedeutet das, dass die Parlamente zwar über die Verträge beraten, jedoch nicht entscheiden können. Einmal abgeschlossen, werden die "vertraglichen Vereinbarungen" den Handlungsspielraum der Parlamente einschränken, weil ein enger inhaltlicher Rahmen vorgegeben sein wird, in dem die Reformen stattfinden können.
 

Neoliberaler Neusprech von Reformen und Wettbewerbsfähigkeit

Auch sozial ist der Wettbewerbspakt verheerend. Denn gemeint sind mit dem neoliberalen Neusprech von "Reformen" und "Wettbewerbsfähigkeit": Lohnkürzungen, Privatisierungen, Abbau von Sozialausgaben, Lockerung des Kündigungsschutzes und genereller Abbau der Rechte der Beschäftigten. Der Wettlauf um die niedrigsten Löhne, Steuern, Sozialabgaben und Beschäftigtenrechte soll die Euro-Länder aus der Krise führen und gegenüber dem Rest der Welt konkurrenzfähiger machen. Anstatt auf Kooperation zu setzen, beschreitet die EU weiter den wirtschaftlich fatalen und unsozialen Weg der Konkurrenz.

Zusammenfassend kann man den Wettbewerbspakt als "Troika für Alle" bezeichnen. Denn während bislang nur Länder in ökonomischen Notsituationen gezwungen wurden, sich als Gegenleistung für Kredite den Kürzungs- und Privatisierungsdiktaten der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zu beugen, sollen nun alle Länder auf denselben Kurs gebracht werden. Was die "Memoranden" für Griechenland, Irland, Portugal und Zypern waren, sollen nun die "vertraglichen Vereinbarungen" für die restlichen Länder des Euro-Währungsraums werden. Während der Fiskalpakt auf die Kontrolle der Haushalte abzielt, sollen über den Wettbewerbspakt nun unter anderem die Arbeitsmärkte reformiert und die kollektiven Rechte der Beschäftigten weiter eingeschränkt werden.
 

Statt Wettbewerb und Konkurrenz mehr Kooparation

Das Vorhaben eines Wettbewerbspakts ist nicht wirklich neu. Schon länger dringt die deutsche Bundesregierung darauf, ein Abkommen in diese Richtung zu schließen. Seit dem EU-Gipfel im Dezember 2012 sind "Verträge für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum" offizielles Ziel und beim nächsten Gipfel am 19. und 20. Dezember könnten sie konkret werden. Hiergegen bedarf es breiten Widerstands, denn wird der Wettbewerbspakt Realität, dann wird sich die Krise in der Eurozone weiter verschärfen – doch die Kosten tragen wie immer die Beschäftigten und nicht diejenigen, die von ihr profitieren.

Anstatt auf noch mehr Wettbewerb und Konkurrenz zu setzen, brauchen wir eine wirtschaftspolitische Koordinierung in der EU, die auf Kooperation, sozial-ökologisches und nachhaltiges Wachstum setzt und den Interessen und Bedürfnissen der Menschen Priorität einräumt. Die Forderungen der Plattform Europa geht anders nach einer gerechten Steuerkoordinierung, Lohnerhöhungen, der Stärkung von Arbeitnehmer/innenrechten und mehr demokratischer Kontrolle wären ein richtiger und wichtiger Anfang. Ein guter Einstieg: In einer Kampagne hat die Plattform bereits knapp 10.000 Unterschriften gegen die neoliberale Krisenpolitik in der EU gesammelt.

linksfraktion.de, 6. Dezember 2013