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Eine Arbeiterin und ein Arbeiter in verpacken riesige Draht-Rollen © iStock/serts

Tarifflucht in der Metall- und Elektroindustrie: Viele Unternehmen entziehen sich ihrer sozialen Verantwortung

Nachricht von Pascal Meiser,

Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage von Pascal Meiser, Sprecher der Fraktion DIE LINKE für Gewerkschaftspolitik, geht hervor, dass der Bundesregierung keinerlei statistische Erhebungen über die Anzahl von Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden für den Bereich der Metall- und Elektroindustrie vorliegen.

Nach eigenen Angaben des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie (Gesamtmetall) besteht offenbar seit 2005 die Möglichkeit zu Mitgliedschaften ohne Tarifvertrag in Arbeitgeberverbänden (kurz: OT-Mitgliedschaft). Bereits seit 2016 sind mehr Firmen ohne Tarifvertrag (3.585) als mit Tarifvertrag (3.525) im Verband organisiert. Der Trend ist steigend, Ende 2021 waren es 3.239 Firmen mit Tarifvertrag und 3.864 ohne Tarifvertrag.

In einem von der der Fraktion DIE LINKE in Auftrag gegebenen Gutachten kommt der Arbeitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler zu dem Schluss, es wäre für eine Stärkung der Tarifbindung förderlich, die OT-Mitgliedschaften auszuschließen. Etwaige rechtliche Bedenken zur gesetzlichen Einschränkung von OT-Mitgliedschaften macht er in seinem Gutachten nicht geltend.

„Selbst in der Metall- und Elektroindustrie, die sonst vielfach als Vorbild gilt, entziehen sich zahlreiche Unternehmen durch Tarifflucht ihrer sozialen Verantwortung und verschaffen sich so schmutzige Wettbewerbsvorteile gegenüber denjenigen Konkurrenten, die nach Tarif zahlen”, kritisiert Pascal Meiser. „Auch hier nutzen viele Unternehmen das fragwürdige Instrument der OT-Mitgliedschaft, um als Trittbrettfahrer in den Genuss der Mitgliedschaft eines Arbeitgeberverbandes zu kommen, ohne zugleich an die Tarifverträge des Verbandes gebunden zu sein.

Doch die Bundesregierung scheint die Augen vor dieser Problematik verschließen zu wollen. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie ausweislich ihrer Antwort und trotz einschlägiger Untersuchungen, behauptet, keine Kenntnis über den Umfang von OT-Mitgliedschaften zu haben. Dabei ist das eine gefährliche Entwicklung, die den sozialen Frieden in unserem Land ernsthaft gefährdet. Die Bundesregierung darf dieser Entwicklung nicht länger tatenlos zusehen. Sie muss jetzt endlich ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Stärkung der Tarifbindung vorlegen. Ein wichtiger Baustein muss dabei das Verbot von OT-Mitgliedschaften sein.”


Hintergrund und Auswertung des Gutachtens