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So ähnlich wie Uran für Nordkorea

Nachricht von Jan van Aken, Gregor Gysi,

Kanzlerin Merkel hat versucht, in einem am Nachmittag aufgezeichneten Interview, das am Mittwoch Abend in den ARD-Tagesthemen ausgestrahlt wurde, die nicht hinnehmbaren Exportgenehmigungen von Bestandteilen des Giftgases Sarin für Syrien zu rechtfertigen. Doch statt für Klarheit zu sorgen, wirft der Fernsehauftritt weitere Fragen auf.


Syriens Staatschef Assad und der damalige deutsche Außenminister Steinmeier (SPD) am 4. Dezember 2006 in Damaskus, Foto: REUTERS/SANA

 

 

Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am 18. September 2013 in den ARD-Tagesthemen gesagt: "Wir haben sehr strenge Exportrichtlinien für Rüstungsgüter. Die stammen auch noch aus der Zeit von Rot-Grün. Die halten wir selbstverständlich ein, und müssen trotzdem immer wieder Abwägungen vornehmen: Was hilft uns im Kampf gegen den Terrorismus auch. Zweitens: Was Syrien anbelangt, so haben wir das natürlich überprüft. Es ist hier damals von Rot-Grün sehr klar nachgeschaut worden, wofür werden diese Chemikalien benutzt. Und nach allen Erkenntnissen, die mir zur Verfügung stehen, sind sie für zivile Dinge benutzt worden. Wir gehen allen Vorwürfen dann natürlich nach. Aber alles was wir bis jetzt gesehen haben, war diese Ausfuhrgenehmigung für eine zivile Nutzung. Und wir haben auch noch mal geschaut: Ab Mai 2011 galten verschärfte Sanktionen gegen Syrien. Und seitdem gibt es überhaupt einen solchen Export nicht mehr. Für die anderen Zeiten klären wir das. Aber die ersten Erkenntnisse sagen: Keine Nutzung die Herstellung zum Beispiel von Sarin."

Wie glaubwürdig ist Merkels Rechtfertigungsversuch? "Das ist so ähnlich, wie wenn wir heute sagen: Wir liefern mal Uran nach Nordkorea. Auch das könnte zivil verwendet werden in Atomkraftwerken. Dann könnte man vermuten, dass es vielleicht doch für Atombomben eingesetzt wird. Das bleibt eine Vermutung. Aber die ist doch sehr naheliegend", kontert Jan van Aken.

Für Gregor Gysi waren Merkels Äußerungen "weder plausibel noch glaubwürdig noch aufrichtig. Sie hat Recht, dass SPD und Grüne schon einmal eine solche völlig indiskutable Genehmigung erteilt hatten, aber sie hat es mit der SPD wiederholt. Warum? Nur wegen des Geldes, nur wegen des Geschäfts", fragt er.

Die Behauptung der Kanzlerin "Nach allen Erkenntnissen, die mir zur Verfügung stehen, sind sie für zivile Dinge benutzt worden" findet Gysi "entlarvend nichtsagend". Welche Erkenntnisse liegen ihr denn vor? Wie will sie denn geprüft haben, ob die Chemikalien in Zahnpasta oder in das tödliche Nervengas gekommen sind?

Sowohl die Regierung unter Schröder und Fischer als auch die Regierung unter Merkel und Steinmeier wussten, dass Syrien die Chemiewaffenkonvention nicht unterzeichnet hat, Syrien also nicht verboten war, Chemiewaffen herzustellen, und dass es ein großes Programm zur Herstellung von Chemiewaffen in Syrien gab. Gysi fragt weiter: "Und sie wollen uns ernsthaft erzählen, dass sie an die Herstellung von Zahnpasta geglaubt haben? Warum haben sie dann nicht angeboten, Zahnpasta zu liefern? Wieso erschien ihnen Assad damals so glaubwürdig, während sie heute meinen, genau zu wissen, dass er lügt, wenn er erklärt, das tödliche Nervengas sei nicht durch seine Armee eingesetzt worden?"

"Frau Merkel muss das jetzt mal offenlegen und sagen, was hat sie denn für zusätzliche Erkenntnisse hat. Denn einfach nur ein Schreiben von einem Herrn Assad, der sagt: Ach, das geht in Zahnpasta und nicht in Giftgas, dem würde ich nicht vertrauen", adressiert Jan van Aken an die Kanzlerin.

Gregor Gysi erhebt angesichts der nicht hinnehmbaren Exportgenehmigungen schwere Vorwürfe gegen die Regierungskoalitionen von SPD und Grünen sowie CDU/CSU und SPD: "Beide Regierungen haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unser Land mitschuldig gemacht an dem Tod von mehr als 1400 Kindern, Frauen und Männern in der Nähe von Damaskus. Es wird höchste Zeit, nicht mehr an Kriegen zu verdienen, sondern den Waffenexport zu verbieten, als ersten Schritt auf jeden Fall in den Nahen Osten."