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Rote Karte für die katastrophale Eurokrisenpolitik

Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht,

 

Von Sahra Wagenknecht, Erste Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
 
Die auslaufende siebte Legislaturperiode des Europäischen Parlaments stand im Zeichen der sogenannten Eurokrise. Deshalb wird in diesen Tagen nicht nur ein neues Europäisches Parlament gewählt, sondern auch über die katastrophale Krisenpolitik abgestimmt.

Die letzte Europawahl fand im Juni 2009 statt, als die Finanzkrise Europa bereits erreicht hatte. Im April 2010 beantragte die griechische Regierung die ersten "Hilfskredite". Bis heute wurden allein Griechenland rund 240 Milliarden Euro ausgezahlt. Dieser gigantische Betrag ist fast vollständig in die Taschen der Banken und anderer Gläubiger geflossen. So wurden öffentliche Gelder zur Bankenrettung und Subventionierung von Hedgefondsprofiten missbraucht, ohne dass Aktionäre und Finanzzocker für die Forderungen geradestehen mussten. Die Suppe auslöffeln muss stattdessen die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in ganz Europa.

Griechenland ist nach wie vor ein Protektorat der Troika. Dort diktieren Europäische Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfond (IWF) nach wie vor direkt die Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen. Dies hat in Griechenland zu einer wirtschaftlichen Depression eines Ausmaßes geführt, wie es bisher nur in Kriegszeiten zu beobachten war: Massenarbeitslosigkeit, zusammenbrechende Krankenversorgung, stark steigende Selbstmordraten und eine Auswanderungswelle in den Norden Europas sind die Folgen. Irland und Portugal konnten sich Dank der Geldschwemme der EZB mittlerweile wieder in die Abhängigkeit der Finanzmärkte begeben und dort erneut verschulden. Damit die Finanzmafia den Ländern den Geldhahn nicht wieder zudreht, müssen aber auch sie die Kürzungspolitik á la Troika weiterführen. Diese gigantische soziale und wirtschaftliche Katastrophe ist zu großen Stücken Merkels Werk. Ihre Helfershelfer waren Gabriel und Trittin.

Auch in den nördlichen Ländern Europas sind die Menschen von der Bankenrettungspolitik betroffen. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haften jetzt für überschuldete Staaten wie Griechenland. Die anhaltend schlechte Wirtschaftsentwicklung in den Krisenländern drückt auch im Norden die Exporte. In Kombination mit einer zu niedrigen Binnenwirtschaft, verantwortet durch die herrschende Politik, bleibt das Wirtschaftswachstum im homöopathischen Bereich. Stattdessen haben Billiglöhne und prekäre Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland Hochkonjunktur. Ganz nebenher werden die Ersparnisse der Arbeitnehmer, zum großen Teil in Lebensversicherungen und auf dem Sparbuch zur Aufbesserung der späteren Rente angelegt, durch die Mikrozinsen entwertet. Statt Aktionäre und große Gläubiger der Banken in Haftung zu nehmen, werden so die Ersparnisse der Masse enteignet.

Und was hat das sozialdemokratisch und bürgerlich-konservativ-liberal dominierte Europäische Parlament gegen diesen Raubzug der Finanzmafia, der mit Rückendeckung der Regierungschefs und EU-Kommission erfolgte, unternommen? Nichts. Im Gegenteil. Da darf man sich auch nicht von Herrn Schulz, dem Mann mit Bart, der uns harmlos dreinblickend von den SPD-Wahlplakaten anlächelt, täuschen lassen. Wie im Bundestag haben im Europäischen Parlament sozialdemokratische, liberale und bürgerlich-konservative Abgeordnete jede Schweinerei zum Vorteil der Finanzmafia und Großkonzernen mitgetragen. Das gilt für die Mogelpackung der Bankenunion ebenso wie für die skandalöse Zustimmung zum Investorenschutz im Rahmen des geplanten Freihandelsabkommens (TTIP) mit den USA. Es ist zu hoffen, dass die Menschen in Europa ihre Wahlzettel dazu nutzen werden, der Politik des neoliberalen Parteienkartells die rote Karte zu zeigen!

linksfraktion.de, 23 Mai 2014