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Tafel Berlin: Viele Kisten und eine MitarbeiterinFoto: Olaf Krostitz

Mindestlohnanpassung: Erheblicher Reallohnverlust für Millionen Beschäftigte

Nachricht von Amira Mohamed Ali, Dietmar Bartsch, Susanne Ferschl,

Der Mindestlohn liegt aktuell bei zwölf Euro, die Ampel-Koalition hatte ihn zum 1. Oktober 2022 ausnahmsweise per Gesetz von damals  10,45 Euro angehoben. Nun hat die Mindestlohnkommission gegen die Stimmen der Gewerkschaften entschieden, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 gerade einmal um 41 Cent auf 12,41 Euro anzuheben, zum 1. Januar 2025 soll er auf 12,82 Euro steigen.

"Die Löhne in Deutschland steigen schon seit vielen Jahren nur schwach. Das liegt an der Politik zulasten der Beschäftigten und der sinkenden Tarifbindung. Dazu kommt, dass angesichts der weiterhin hohen Inflation die Löhne real sinken", erklärt Amira Mohamed Ali, Vorsizende der Fraktion DIE LINKE. "Die Löhne müssen insgesamt stärker steigen, vor allem aber der Mindestlohn. Beschäftigte mit niedrigem Lohn sind von der Inflation besonders betroffen, da sie ihr Einkommen weitgehend ausgeben müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen."

"Wir fordern, den Mindestlohn auf 14 Euro anzuheben“, sagt Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion. "Der gesetzliche Mindestlohn darf nicht länger von der gesamtgesellschaftlichen Lohnentwicklung abgekoppelt sein. Eine Erhöhung auf 14 Euro ist auch aufgrund der Rekordinflation in den Jahren 2022 und 2023 mehr als gerechtfertigt. Wir brauchen einen deutlichen Sprung nach vorn, auch um einen Beitrag gegen die steigende Altersarmut zu leisten. Denn der aktuelle Mindestlohn führt geradewegs in eine Armutsrente."

Fast ein Drittel der Beschäftigten würde von Anhebung profitieren

"Diese Anpassung im Cent-Bereich auf 12,41 Euro ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor und eine herbe Missachtung der EU-Mindestlohn-Richtlinie", kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion. "Der Beschluss bedeutet für Millionen Beschäftigte in den kommenden zwei Jahren einen erheblichen Reallohnverlust. Weder ein Mindestschutz noch die Kaufkraft werden so abgesichert. Das zeigt allein schon ein Blick auf die noch immer hohen Preise. Jetzt wird überdeutlich, dass die Vorgaben der EU-Mindestlohnrichtlinie, nämlich 60 Prozent des mittleren Einkommens, als Untergrenze in das Mindestlohngesetz aufgenommen werden müssen, wie es die Linksfraktion fordert. Gesetzliche Leitplanken sind dringend notwendig, damit der Mindestlohn nicht erneut zum Armutslohn wird.

Legt man das Kriterium der EU-Richtlinie zugrunde, müsste der gesetzliche Mindestlohn bei mindestens 13,50 Euro liegen. Das ist auch das Mindeste, denn die hohen Preise treffen Menschen im Niedriglohnbereich besonders hart, deshalb braucht es deutliche Lohnsteigerungen. Die Realitätsverweigerung seitens der Vorsitzenden und der Arbeitgeberseite, die gegen die Stimmen der Gewerkschaften diese mickrige Anpassung durchgesetzt haben, provozieren eine erneute Diskussion um einen politischen Eingriff zur Erhöhung des Mindestlohnes. Der Arbeitsminister sollte ernsthaft erwägen, diesen Beschluss nicht rechtskräftig zu machen, sondern eine weitere gesetzliche Anhebung auf mindestens 13,50 Euro in Betracht ziehen. Zudem ist es überfällig, das Mindestlohngesetz um die EU-Vorgaben zu präzisieren, um politische Eingriffe zukünftig zu vermeiden und der Mindestlohnkommission einen klaren Handlungsauftrag an die Hand zu geben."

Die Linksfraktion hat erfragt, wie viele Menschen aktuell mit ihrem Stundenlohn weniger verdienen, als die EU empfiehlt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind das knapp 11,2 Millionen Beschäftigte und damit 27 Prozent aller Beschäftigten. Besonders betroffen sind denmach der Einzelhandel und die Gastronomie. [Auswertung lesen]