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Mieter und Mieterinnen auf dem Wohnungsmarkt stärken und Ungleichheit beseitigen

Im Wortlaut von Caren Lay,

Serie Ungleichheit in Deutschland, Teil 11

 

 

Von Caren Lay, Sprecherin für Mieten- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Wer heute durch das Zentrum einer beliebigen Großstadt fährt, bekommt einen guten Eindruck davon, wie die Ungleichheit auf dem deutschen Wohnungsmarkt in Beton gegossen wird. Auf der einen Seite entstehen viele schöne Neubauten in zentralen Lagen, die als Eigentumswohnungen einer solventen Käuferschaft angeboten werden. Auf der anderen Seite steht oft nebenan ein ganz durchschnittliches Haus, in dem die Mieten in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind oder das gerade luxussaniert wird. Mit der Folge, dass die angestammten Mieterinnen und Mieter verdrängt werden – meist ganz weg aus ihrem Kiez und nicht selten an den Stadtrand, wo es noch bezahlbare Wohnungen gibt. Das ist, knapp zusammengefasst, Alltag auf dem Wohnungsmarkt. Seit Jahren – und damit schon lange vor dem vermehrten Zuzug von Flüchtlingen – steigen in vielen Städten in Deutschland die Mieten, herrscht ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

Vier Millionen Sozialwohnungen fehlen

Mietsprünge von bis zu 50 Prozent in wenigen Jahren sind in vielen Großstädten keine Seltenheit mehr. Und auch in kleineren Städten ziehen die Mieten mehr und mehr an. Dieser Entwicklung haben die Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte nicht nur tatenlos zugesehen. Der Bund hat sie durch den Ausverkauf seiner eigenen Wohnungen vorangetrieben. Seit 1994 wurden 352.000 bundeseigene Wohnungen privatisiert. Damit nicht genug gab es einen Kahlschlag im sozialen Wohnungsbau. Von den vier Millionen Sozialwohnungen, die es 1989 noch gab, sind heute gerade einmal knapp 1,4 Millionen übrig. Tendenz weiter sinkend, denn jedes Jahr fallen 80.000 bis 100.000 Sozialwohnungen aus der Preisbindung. Dem gegenüber stehen nur 9.800 neu gebaute Sozialwohnungen im Jahr 2013. Laut den letzten Zahlen des Pestel Instituts fehlen derzeit vier Millionen Sozialwohnungen am Markt, und da ist der Bedarf für die Flüchtlinge noch nicht mitgezählt.

Auch die Bundesregierung hat mittlerweile erkannt, dass es einen eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum besteht. Das Thema geht sie allerdings völlig kopflos an. Obwohl die Bauministerin das Problem erkannt hat und den Sozialen Wohnungsbau direkt mit mehr Geld fördern will, hat sich Finanzminister Schäuble mit Steueranreizen für die Baubranche durchgesetzt. Bezahlbarer Wohnraum wird so nicht garantiert, aber satte Profite für die private Bauwirtschaft. Eine direkte Förderung des sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbaus wäre zielführender. Die öffentlichen Mittel für den Wohnungsbau müssen vorwiegend gemeinnützigen Trägern, insbesondere öffentlichen Wohnungsgesellschaften in Bund, Ländern und Kommunen sowie Genossenschaften und Initiativen, die sich der Gemeinnützigkeit verpflichten, zu Gute kommen.

Mietpreisbremse der Bundesregeirung ist ein Rohrkrepierer

Auch sonst  ist der Bundesregierung bisher nicht viel eingefallen, wie sie diese teils selbst verursachten Probleme in den Griff bekommen kann. Die groß angekündigte Mietpreisbremse erweist sich immer mehr als Rohrkrepierer. Hier hat DIE LINKE leider Recht behalten. Wir haben schon damals die vielen Lücken im Gesetz kritisiert. Tatsächlich stellte sich schnell heraus, dass die Mietpreisbremse kaum wirkt. Auch weil es vielerorts keinen qualifizierten Mietspiegel gibt und der jetzige Mietspiegel nur die Mieten der letzten vier Jahre abbildet.

Es zeigt sich: Der Markt wird die Ungleichheit nicht beseitigen. Im Gegenteil, Wohnungsmangel treibt die Mieten hoch. Die Bau- und Immobilienbranche profitiert von der derzeitigen Situation massiv. Was wir brauchen sind starke Gesetze im Sinne der Mieterinnen und Mieter und einen Ausbau ihrer Rechte. Wichtig wäre  zum Beispiel eine echte Mietpreisbremse, die ihren Namen verdient. Sie muss flächendeckend gelten und darf Mietsteigerungen maximal im Rahmen des Inflationsausgleichs zulassen.

Echter Miespiegel statt Mietteuerungsspiegel

Ein weiteres Problem ist die sogenannte Modernisierungsumlage. Sie garantiert Vermietern eine fette Rendite. Mieterinnen und Mieter werden hingegen häufig aus ihren langjährigen Wohnungen, und angestammten Stadtteilen verdrängt. Es kann nicht sein, dass die Mieterinnen und Mieter die Kosten von Sanierungen fast alleine tragen.

Der Mietspiegel in seiner jetzigen Form ist ein Mietteuerungsspiegel. Deswegen schlagen wir vor, den Mietspiegel auf breite Füße zu stellen: Wir wollen alle Mieten in die Berechnung einfließen lassen. Nur so können wir den permanenten Mietenanstieg stoppen.
Außerdem muss der Staat wieder Akteur auf dem Wohnungsmarkt werden. Nicht nur der Ausverkauf der restlichen Wohnungsbestände muss gestoppt werden. Wir brauchen endlich einen Neustart im Sozialen Wohnungsbau anstatt Finanzspritzen an die Bauindustrie. Denn bezahlbarer Wohnraum ist ein Grundrecht.

linksfraktion.de, 12. Februar 2016