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Lieferketten nachhaltig umbauen - Beschäftigte schützen

Im Wortlaut von Alexander Ulrich,

Der Industrie droht ein perfekter Sturm. Nicht nur die Corona-Krise oder der lange Zeit blockierte Suezkanal führten zu Produktionsstopps und Lieferproblemen. Die Halbleiter- und die schon fast überwundene Baustoffpreiskrise waren weitere Schreckgespenster. Jetzt folgt mit steigenden Energie- und Rohstoffpreisen der nächste Super-GAU.

Gerade die energieintensive Industrie bekommt ein Rentabilitätsproblem, wenn die Energiepreise weiter steigen. Schon jetzt liegen Kupfer-, Zink- und Aluminium-Produktionen lahm, weil sich die Produktion einfach nicht mehr lohnt. Die Lagerbestände werden rasant verbraucht und neue Industriemetalle sind schwer zu kriegen. Die Engpässe drohen in einem Kaskadeneffekt auf andere Industriebranchen durchzuschlagen. Fehlende Lagerhaltung, Lieferketten-Diversifizierung und die Fokussierung auf "Just-in-time"-Produktion werden mittlerweile zum Nadelöhr der Wirtschaft.

Zahnloses Lieferkettengesetz

Die Hyperglobalisierung, befeuert durch gesunkene Transportkosten, scheint an einem Wendepunkt zu sein. Da die Umweltkosten der Frachtschifffahrt über Jahrzehnte auf die Allgemeinheit abgewälzt wurden und die Seefahrer:innen miserabel bezahlt werden, sind die Container-Stückpreise bis zuletzt immer weiter gesunken. Gewerkschaften, Menschenrechts- und Umweltverbände haben schon lange auf die Probleme der ausufernden und unkontrollierbaren Lieferketten aufmerksam gemacht. Doch mit Corona sind die Lieferengpässe auch in den Chefetagen der Unternehmen angekommen.

Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag fordert ein strenges Lieferkettengesetz ohne Ausnahmen für Minen und Plantagen und mit echter Haftung. Die neue Bundesregierung muss da unbedingt nachbessern und die von Unternehmen reinlobbyierten Passagen aus dem zahnlosen Gesetz entfernen. Die internationale Handelsschifffahrt muss endlich zu ernsthaftem Klimaschutz und besseren Löhnen verpflichtet werden, damit die Logistik ihre tatsächlichen Kosten abbildet. Dann ist der Weg frei für regionale Wertschöpfungsketten und einer Produktion nach der Maxime "local for local“. Sowohl regional als auch international ist eine Produktion nahe am Zielort viel resilienter als die mannigfach verzweigten Lieferketten derzeit. Wertschöpfung und Beschäftigung können wesentlich besser über die Regionen verteilt werden.

Für resiliente Lieferketten

Kurzfristig gibt es kaum eine Lösung für die Lieferprobleme der Industrie. Mittelfristig muss vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Jedes Unternehmen und jede Fabrik kann ihren Teil dazu beitragen. Dezentral und schnell können Sonnen- und Windenergieanlagen den Strombedarf senken. Erneuerbare Energie ist schon jetzt am Strommarkt am günstigsten. Um die Preise der Industriemetalle langfristig zu senken muss sich auch im Recyclingbereich viel tun. Feste Recyclingquoten und vor allem die Förderung von Recyclinganlagen und -forschung können die Zweit- und Drittverwertung von Industriemetallen erhöhen, die Lagerlücken schließen und mit hochwertigen Öko-Stahlprodukten neue Märkte erschließen. Für grünen Stahl steigt die Nachfrage enorm und jede Investition in diesen Bereich wird sich auszahlen.

An den gegenwärtigen Engpässen ist auch der Klimawandel schuld. Die Halbleiterfabriken in Taiwan stehen aufgrund von Wassermangel still. Und die Kupfer- und Stahlproduktion in China liegt brach, weil die Stromversorgung kontingentiert werden musste, weil viele Kohlekraftwerke wegen der Überschwemmungen vom Netz gehen mussten. Der Kampf für resiliente Lieferketten ist also auch immer ein Kampf gegen den Klimawandel.