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Krümmel und Brunsbüttel für immer abschalten

Im Wortlaut von Hans-Kurt Hill,

RUNDSCHAU-Gespräch mit dem Energie-Experten Hans-Kurt Hill (DIE LINKE) zu den Zwischenfällen in mehreren Atomkraftwerken

Mit der Pannenserie in den schleswig-holsteinischen Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel wird sich heute der Umweltausschuss des Bundestages auf einer Sondersitzung in Berlin beschäftigen - auf Antrag der Linksfraktion und der Grünen. Nach Ansicht des energiepolitischen Sprechers der Linken, Hans-Kurt Hill, dürfen beide Kernkraftwerke nicht wieder ans Netz gehen.

Herr Hill, eine Sondersitzung mitten in der Sommerpause - was erwarten Sie sich davon?

Bislang kennen wir die Vorfälle in den Atommeilern nur aus der Presse. Deshalb ist es notwendig, dass die Abgeordneten Aufklärung aus erster Hand bekommen, nämlich von der Bundesregierung. Wir wollen wissen, was genau passiert ist und warum die Störungsmeldungen erst mit großer zeitlicher Verzögerung in die Öffentlichkeit kamen.

Das Bundesumweltministerium will den Parlamentariern einen Bericht vorlegen, in dem die Pannen auf Fehler des Kraftwerkpersonals zurückgeführt werden.

Man hat den Eindruck, dass gravierende Missstände vom Betreiber Vattenfall vertuscht werden sollten. Ich erinnere nur an die Mängelliste, die lange Zeit wie ein Staatsgeheimnis behandelt wurde. Insofern steckt für mich mehr dahinter als eine Personalfrage. Die alten Meiler scheinen in einem Zustand zu sein, in dem sie wirklich nicht mehr sicher sind.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Umweltminister Sigmar Gabriel bei der Aufklärung der Vorfälle?

Das wird in erster Linie von seinem Bericht vor dem Ausschuss abhängen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass er selbst auf die Parlamentarier zugegangen wäre, um über die Vorkommnisse zu reden.

Gabriel will die Produktionschefs aller 17 deutschen Atomkraftwerke zum Rapport einbestellen. Ein sinnvoller Schritt?

Auf jeden Fall. Womöglich kommen dadurch noch weitere Sicherheitsmängel ans Tageslicht. Unser Vertrauen in die Kraftwerksbetreiber ist jedenfalls stark erschüttert. Als Konsequenz fordern wir, dass neutrale Beobachter in jede Reaktorschaltzentrale entsandt werden, um Störfälle wie in Krümmel und Brunsbüttel zu vermeiden.

Aber die neutralen Beobachter gibt es schon. Sie sitzen im Bundesamt für Strahlenschutz.

Die Erfahrung zeigt, dass die Kontrollen dieses Bundesamtes unzureichend sind. Ich stelle mir vor, dass die Beobachter ständig vor Ort in den Schaltwarten sind und Störfälle unverzüglich an die Atomaufsicht melden.

Vattenfall hat selbst eine Untersuchungskommission eingesetzt. Was halten Sie davon?

Prinzipiell ist es gut, dass Vattenfall eigene Nachforschungen anstellt. Allerdings können selbst initiierte Untersuchungen auch von Eigeninteressen bestimmt werden, was den schönen Vorsatz entwertet.

Wann können die Kraftwerke Krümmel und Brunsbüttel wieder ans Netz gehen?

Wenn es nach mir geht, gar nicht mehr. Haben wir im Moment Engpässe bei der Stromversorgung? Nein. Auch die Reaktoren in Biblis sind schon seit Monaten vom Netz, und es gibt keine Versorgungsschwierigkeiten. Die wegfallenden Strommengen können durch das wachsende Angebot von erneuerbaren Energien und - ganz wichtig - durch eine effizientere Energienutzung ohne Probleme ersetzt werden.

Mit Hans-Kurt Hill sprach Stefan Vetter

Lausitzer Rundschau, 1. August 2007