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Jemens Kinder hungern, deutsche Waffenkonzerne boomen 

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag:

Im kriegszerstörten Jemen hungern rund 20 Millionen Menschen. Das sind 70 Prozent der Bevölkerung des arabischen Landes. Fast vier Jahre nach Beginn des Krieges gegen Jemen ist die Situation der Kinder eine einzige Katastrophe: Rund elf Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren benötigten in Jemen humanitäre Hilfe. Sieben Millionen Kinder gehen abends hungrig ins Bett. 400.000 Kinder sind lebensbedrohlich mangelernährt und können jede Minute sterben, warnt UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Das Welternährungsprogramm und die Welthungerhilfe warnen vor einer der schlimmsten humanitären Katastrophen der vergangenen Jahrzehnte.

Der Nothilfe-Einsatz von UNICEF in Jemen ist der bisher größte in der Geschichte der Organisation. 230.000 Kinder werden mit Spezialnahrung versorgt und damit vor dem sicheren Tod bewahrt. Dafür braucht es etwa einen Euro pro Tag pro Kind. 

Diese Hilfe reicht lange nicht. Wie UNICEF weiter berichtet, stirbt durchschnittlich alle zehn Minuten Kind in Jemen an den Folgen vermeidbarer Krankheiten, wozu auch Infektionskrankheiten wie Cholera und Mangelernährung gezählt werden. Es fehlt an einem verlässlichen Zugang zu Trinkwasser, sanitären Anlagen und ausreichender Hygiene. Hinzu kommen die Bombardements: Mehr als 6.700 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wurden bei Angriffen in dem seit März 2015 von Saudi-Arabien geführten Krieg getötet oder schwer verletzt.

Der Hunger in Jemen ist keine Naturkatastrophe, sondern menschengemacht und Teil einer barbarischen Kriegsführung. Seit fast vier Jahren bombardiert die von Saudi-Arabien angeführte Kriegsallianz das arabische Land. Die USA und Großbritannien leisten logistische Hilfe und koordinieren die Angriffsflüge. 

Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bereits Waffenlieferungen an Saudi-Arabien im Umfang von 416 Millionen Euro genehmigt. Die Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall liefert ungeachtet eines von der Bundesregierung verfügten temporären Exportstopps über Tochterfirmen in Sardinien und Südafrika Munition an Riad. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas sind nicht willens, eine Gesetzeslücke zu schließen und solche Geschäfte mit dem Tod für deutsche Konzerne zu unterbinden.

Es ist richtig, wenn Bundesentwicklungsminister Gerd Müller dazu aufruft, die Mittel für Hilfsorganisationen wie UNICEF aufzustocken, damit der Hilfsbedarf gedeckt werden kann. Die Bundesregierung handelt allerdings vollkommen heuchlerisch, wenn die Geschäfte der Rüstungskonzerne mit den Kriegsverbrechern in Riad nicht umfassend gestoppt werden. 

Der kürzlich erst verfügte Waffenexportstopp ist löchrig wie ein Käse. Jemens Kinder leben in der Hölle auf Erden - auch deshalb, weil die Bundesregierung und ihre NATO-Verbündeten mit ihrer anhaltenden Unterstützung für Saudi-Arabien das Land dazu gemacht haben. Dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI zufolge haben die vier größten deutschen Rüstungskonzerne, darunter Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, im vergangenen Jahr ihre Waffenverkäufe um mindestens zehn Prozent steigern können. 

Seit Donnerstag laufen in Stockholm Friedensgespräche über eine Friedenslösung für Jemen. Bundesaußenminister Heiko Maas spricht von einem "ersten Lichtblick". Wenn er es ernst meint mit der Unterstützung für eine politische Lösung, dann muss er dafür sorgen, dass die Schlupflöcher für die Waffenlieferungen deutscher Rüstungskonzerne an Saudi-Arabien umgehend geschlossen werden. Dafür reicht eine einfache Exekutive Ergänzung in Paragraph 49 der Außenwirtschaftsverordnung, die noch vor Weihnachten umgesetzt werden kann - den notwendigen politischen Willen vorausgesetzt.