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INF-Vertragsende – US-Atomwaffen aus Deutschland abziehen

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE


Mit dem Rückzug der USA vom INF-Vertrag am 2. August ist eines der wichtigsten Abrüstungsabkommen Geschichte. Der Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF - Intermediate-Range Nuclear Forces Treaty) war ein Meilenstein der Abrüstungsbemühungen in der Ära des Kalten Krieges. Am 8. Dezember 1987 unterzeichneten der Staatspräsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan den INF-Vertrag in Washington. Er verbot landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern, die Atomsprengköpfe tragen können.

Für die Menschen in Europa war der INF-Vertrag seit über 30 Jahren eine der wichtigsten Sicherheitsgarantien, hat er doch Raketen verboten, die ihre Ziele binnen weniger Minuten und damit praktisch ohne Vorwarnzeit erreichen können.

US-Präsident Donald Trump hat im Februar dieses Jahres die Vereinbarung mit einer sechsmonatigen Frist einseitig aufkündigt. In der Folge stieg auch Russland aus dem Abkommen aus. Die US-Administration wirft Russland vor, mit seinem neu produzierten und stationierten Marschflugkörper 9M729 (im NATO-Jargon "SSC-8") gegen das INF-Abkommen zu verstoßen. Die russische Regierung bestreitet dies und wirft den USA mit Blick auf NATO-Raketenabwehrstellungen in Rumänien und Polen ihrerseits Vertragsverletzung vor.

Bundesregierung mitverantwortlich für das Scheitern des INF-Vertrags

Das von Trump mutwillig herbeigeführte Ende des INF-Abrüstungsvertrags gefährdet die Sicherheit in Europa. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas haben die sicherheitspolitische Bedeutung des Vertrages ganz offensichtlich verkannt. Sie sind mit ihrer Beihilfe für Trump für das Scheitern dieser historisch wichtigen Abrüstungsvereinbarung mitverantwortlich.

Statt sich für vertrauensbildende Maßnahmen stark zu machen, aktiv für den Erhalt des INF-Vertrags zu kämpfen und energisch auf eine unabhängige Überprüfung der von den USA und Russland gegenseitig erhobenen Vorwürfe zu drängen, hat die Bundesregierung vollkommen verantwortungslos die unbelegten Anschuldigungen des US-Präsidenten nachgebetet. Folge dieser Rückendeckung für Trump: Fortan können wieder mit Atomsprengköpfen bestückte landgestützte Raketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern in Europa stationiert werden.

Die US-Administration stellt auch die Verlängerung des sogenannten "New Start"-Abkommens für atomare Abrüstung infrage. Der Vertrag zwischen Washington und Moskau wurde 2010 geschlossen und läuft im Jahr 2021 aus. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Zahl atomarer Sprengköpfe in den jeweiligen Arsenalen deutlich unter dem Niveau aus Zeiten des Kalten Krieges liegen muss.

USA wollen bis 2040 eine Billion Dollar in Atomwaffenarsenal stecken 

Nach Angaben der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) haben die USA in den ersten drei Monaten nach der Ankündigung zum Ausstieg aus dem INF-Abrüstungsvertrag neue Raketen im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar geordert. Für die Modernisierung und Aufstockung ihres Atomwaffenarsenals wollen die Vereinigten Staaten in bis zum Jahr 2040 eine Billion Dollar ausgeben.

Nach Wegfall des INF-Vertrages will die US-Regierung eigene, nicht-nukleare Mittelstreckenraketen testen. Die NATO hat angekündigt, auf das Ende des Abrüstungsabkommens "angemessen" zu reagieren, sprich: weiter aufrüsten. Die Verteidigungsminister der NATO-Mitgliedsländer haben bereits über verbesserte Raketenabwehrsysteme diskutiert.

US-Atomwaffen aus Deutschland abziehen

Die Bundesregierung muss jetzt mit aller Kraft ein neues atomares und konventionelles Aufrüsten verhindern und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland in die Wege leiten. Merkel und Maas müssen klarstellen, dass sie einer weiteren Stationierung von US-Atomwaffen auf deutschem Boden nicht zustimmen werden. Die Bundesregierung muss endlich den UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen unterzeichnen.

Eine überwältigende Mehrheit der Bürger in Deutschland lehnt eine Stationierung von US-Atomwaffen in der Bundesrepublik ab. Einer aktuellen Befragung zufolge fordern 86 Prozent der Befragten, die Bundesregierung solle eine Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen der USA in Deutschland verbieten. 

Die Fraktion DIE LINKE unterstützt die Proteste der Friedensbewegung für einen Abzug das US-Atomwaffen aus Deutschland und beteiligt sich am 6. August anlässlich des Hiroshima-Tags an der Mahnwache der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Kampagne ICAN vor dem Fliegerhorst im rheinland-pfälzischen Büchel.