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Gysi wirbt für Syrien-Sondersitzung

Nachricht von Gregor Gysi,

Gregor Gysi hat sich mit dem Vorschlag an die Vorsitzenden der anderen Bundestagsfraktionen gewandt, noch in der heutigen Sitzung des Bundestages über einen Rückzug der Bundeswehr-Soldaten und Patriot-Raketen aus der Türkei zu entscheiden, weil sich im Zusammenhang mit dem von den USA beabsichtigten völkerrechtswidrigen Militärschlags gegen Syrien und dessen Unterstützung durch die Türkei die Bedingungen grundlegend verändert haben, unter denen die Bundestagsmehrheit das Mandat für diesen Einsatz erteilt hat. Sollten die anderen Fraktionen keine Realisierungsmöglichkeit für eine sofortige Entscheidung sehen, schlägt Gregor Gysi eine Verständigung auf eine unverzügliche Sondersitzung des Bundestages vor, wenn der US-Kongress einen Militärschlag befürwortet. Hier der Brief:

Sehr geehrte Vorsitzende,

bekanntlich erwägt der amerikanische Präsident einen Militärschlag der USA in einer „Koalition der Willigen“ gegen Syrien. Der französische Präsident will, dass Frankreich teilnimmt. Die türkische Regierung erklärt ebenfalls ihre Bereitschaft. Der amerikanische Präsident wartet noch die Meinungsbildung im amerikanischen Kongress am 9. September 2013 ab. Sollte der Kongress zustimmen, kann es unverzüglich zu einem Militärschlag kommen.

Der Bundestag hat die Stationierung von Patriot-Raketen und Bundeswehrsoldaten in der Türkei an der Grenze zu Syrien mehrheitlich beschlossen. Bekanntlich hat unsere Fraktion dagegen gestimmt. Darauf soll es hier aber nicht ankommen. Ihre Fraktionen gingen davon aus, dass es eine Bündnisverpflichtung gebe, den Nato-Partner Türkei gegen einen möglichen Angriff Syriens zu schützen. Inzwischen hat sich die Situation vollständig auch für Sie verändert.

Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein möglicher Militärschlag der USA, Frankreichs, der Türkei und anderer ohne Genehmigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und mithin eindeutig völkerrechtswidrig erfolgte. Nach dem Völkerrecht darf Syrien auf einen solchen Angriff militärisch reagieren. Wenn Syrien dann Raketen Richtung Türkei schießt, reagierten die Bundeswehrsoldaten mit ihren Abwehrraketen. Entgegen der ursprünglichen Annahme des Bundestages bedeutete dies dann eine Beteiligung Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Krieg. Abgesehen davon, dass schon dies unseren Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen und dem Grundgesetz widerspricht, käme hinzu, dass Deutschland sich aus historischen, moralischen und politischen Gründen keinesfalls leisten kann, Kriegspartei im Nahen Osten zu werden.

Der Bundestag wird nach dem 3. September 2013 nach den bisherigen Planungen erst wieder tagen, wenn diese schrecklichen Tatsachen schon gegeben sein könnten. Deshalb bitte ich um eine Verständigung zwischen uns, über den Rückzug unserer Soldaten und der Patriot-Raketen sowie die Verhinderung anderer Formen der Teilnahme Deutschlands an diesem geplanten völkerrechtswidrigen Militärschlag noch am 3. September im Bundestag beraten und entscheiden zu können. Sollten Sie keine Realisierungsmöglichkeit sehen, müssten wir uns zumindest schon jetzt auf eine unverzügliche Sondersitzung des Bundestages verständigen, wenn der amerikanische Kongress sich am 9. September für einen Militärschlag gegen Syrien entscheiden sollte.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi