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Die Region braucht Opel und Alternativen

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, MdB aus Nordrhein-Westfalen und Sprecherin für Migrations- und Integrationspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag





Der Opel-Vorstand und General Motors (GM) behaupten, sie hielten sich an die bestehenden Verträge, laut denen es bis Ende 2014 keine betriebsbedingten Kündigungen und keine Werksschließungen geben werde. Tatsächlich rief der Vorstand vergangene Woche die Einigungsstelle an. Er will die Getriebeproduktion einstellen und wegen eines Beschäftigungsüberhangs 300 Stellen streichen.

Die Beschäftigten müssen sich immer fragen, was passiert nach 2014, weil die Gefahr von Werksschließungen weiter besteht. Jetzt fragen sie sich auch, warum GM und der Vorstand immer wieder gezielt den Tarifvertrag und die Zukunftsperspektiven der Beschäftigten torpedieren. Die Diskussionen verunsichern die Beschäftigten, ihre Familien und die Menschen in der Region.

Schließung wäre schwerer Schlag für Bochum

Wird Opel Bochum geschlossen, ist das ein schwerer Schlag für die Stadt und das Ruhrgebiet. Bereits 2008 schloss Nokia sein Werk in Bochum und zog nach Rumänien. In Bochum fielen über 2000 Arbeitsplätze weg. Jetzt hat Thyssen Krupp Nirosta Anfang des Jahres seine Edelstahlsparte verkauft und rund 1000 Arbeitsplätze sind bis 2016 in der Sicherung.

Und Opel? Das Werk ist der zweitgrößte Betrieb des Autoherstellers und wurde mehrfach mit Schließung bedroht. Die kämpferische Belegschaft konnte diese bisher verhindern. Sie bleibt entschlossen, eine eventuelle Schließung nicht hinzunehmen und um ihre Arbeitsplätze zu kämpfen. Die Menschen in der Region stehen dabei auf ihrer Seite. Denn von einer Schließung des Bochumer Werks wären 3000 Mitarbeiter/innen in Bochum sowie über 45.000 Arbeitsplätze in NRW betroffen. Es träfe nicht nur das Opel-Werk, sondern auch Partnerbetriebe, Dienstleister und Zulieferer.

Dramatische soziale Situation im Ruhrgebiet

In der Region haben die Menschen kaum Chancen auf einen anderen Arbeitsplatz. Nach Ansicht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist das Ruhrgebiet schon jetzt eine "Problemregion mit besorgniserregender Dynamik und braucht besondere Aufmerksamkeit“. Der Armutsbericht des Wohlfahrtsverbands von 2011 weist einen Anstieg der relativen Armut in Dortmund seit 2005 um 24 Prozent von 18,6 auf 23 Prozent auf. Damit liegt die Quote noch über der von Mecklenburg-Vorpommern. In Duisburg gab es einen Anstieg von 26 Prozent. Die Region Bochum/Hagen liegt bei einer Quote von 17,1 Prozent. Das ist ein Anstieg um 13 Prozent. Und auch die Region Emscher/Lippe liegt mit einer Quote von 18,3 Prozent weit über dem Bundesdurchschnitt von 14,5 Prozent.

Die Folgen einer Opel-Schließung lassen sich nur schwer abschätzen. Der Binnenmarkt würde weiter geschwächt. Wer Arbeitslosengeld oder gar Hartz IV bekommt, kauft weniger und wird entsprechend seltener, wenn überhaupt, Dienstleistungen in Anspruch nehmen können.
Bezogen auf Hartz IV-Bezieher/innen ist die Entwicklung im Ruhrgebiet  schon jetzt dramatisch. Laut dem Armutsbericht des Paritätischen waren im Juli 2011 in Dortmund und Duisburg 17,8 Prozent der Einwohner bis 65 Jahren auf Hartz IV angewiesen. In Essen waren es 18,2 und in Gelsenkirchen sogar 21,6 Prozent. Nicht ein einziger Ruhrgebietskreis liegt unter dem Bundesdurchschnitt von 9,8 Prozent. Sehr besorgniserregend dabei ist, dass diese Quoten in den einzelnen Städten und Kreisen entweder auf sehr hohem Niveau verharren oder sogar im Trend nach oben zeigen, wie in Mülheim an der Ruhr, Hamm, Essen oder Gelsenkirchen.

Opel-Standorte nachhaltig sichern

Bei Opel müssen die Arbeitsplätze und die tariflichen Standards gesichert werden. Die Opel-Belegschaft hat ihren Beitrag zur Sanierung von Opel bereits mehr als übererfüllt. Die Beschäftigungsgarantie muss über 2014 hinaus eingehalten werden. Um aber die Arbeitsplätze und Löhne langfristig zu erhalten sowie die Opel-Standorte nachhaltig zu sichern, muss Opel aus GM herausgelöst und perspektivisch in die öffentliche Hand und gemeinsame Kontrolle von Bund, Ländern und Belegschaften überführt werden. Zwingend ist auch eine ökologische Innovationsstrategie, um zukunftsfähige Arbeitsplätze durch einen ökologischen Umbau zu sichern und zu schaffen.

linksfraktion.de, 7. Dezember 2012