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Foto: Rico Prauss

Deutschland darf wegen Nord Stream 2 nicht erpressbar sein

Im Wortlaut von Dietmar Bartsch, Nordkurier,

Reflexhaft und immer gleich sind die Forderungen in Bezug auf Nord Stream 2. Besonders die Grünen tun sich hier hervor. Im vergangenen September wollten sie Nord Stream 2 stoppen. Jetzt wollen sie Nord Stream 2 erneut stoppen. Immer dann, wenn die Namen Nawalny und Russland fallen, rufen sie laut „Baustopp“. Das, obwohl das Projekt fast fertig ist. Rund 94 Prozent sind verlegt, es wird aktuell weitergearbeitet.

Wollen diejenigen, die das Projekt jetzt stoppen wollen, tausende Kilometer Rohr ungenutzt als Umweltsünde am Grund der Ostssee verrotten lassen? Das ist absurd! Niemand lässt einen Zweifel daran, dass Alexej Nawalny Opfer eines abscheulichen und menschenverachtenden Verbrechens wurde. Seine erneute Verhaftung ist inakzeptabel. Außenminister Heiko Maas hat sich dazu unmissverständlich geäußert. Auch ich sage: Nawalny muss aus der Haft entlassen werden.

Ist das aber wirklich der Grund der Abwehrhaltung gegen wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland? Gegen eine Zusammenarbeit, die in unserem Interesse liegt? Die Arbeitsplätze nach Vorpommern bringt.

Breite Mehrheit unterstützt das Projekt

Die Menschen in Deutschland und ganz besonders die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen das Projekt auch deshalb mit breiter Mehrheit. Sie wissen, dass das Projekt für die Energieversorgung in Deutschland wichtig ist. Sie wissen, dass die Energieversorgung ohne das Projekt weder sicherer noch günstiger wird. Schon jetzt sind zum Beispiel unsere Strompreise die höchsten der Welt. Von Luft und Liebe soll man angeblich leben können. Aber im Gegensatz zu den Gegnern des Projekts wissen die Menschen im Land, dass Wind und Sonne bislang nicht reichen, um das Wohnzimmer verlässlich und bezahlbar warm zu bekommen. Und klar und eindeutig, die erneuerbaren Energien und ihr Ausbau haben unsere volle Unterstützung.

Wer in Deutschland Nord Stream 2 jetzt noch mit Erpressungen und Sanktionen ausbremsen will, muss auch wissen, in wessen Gesellschaft er sich begibt. Unter anderem an die Seite von Ted Cruz. Kein amerikanischer Senator droht Deutschland so unverblümt wie der Texaner. Der Senator, der bis zur letzten Sekunde gemeinsame Sache mit Donald Trump gemacht hat, die Menschen belogen und gegen die Demokratie aufgewiegelt hat. Sein texanisches Fracking-Gas will er in Deutschland sehen. Und das in einer Zeit, in der der neue Präsident Joe Biden eine neue Dynamik für den Klimaschutz auf den Weg bringt.

Bei Russland greifen alte Reflexe aus Kaltem Krieg

Hier wird erkennbar mit zweierlei Maß gemessen. Während Russland dämonisiert wird, werden andere Länder hofiert. Oder wo waren die unmissverständlichen Forderungen nach der bestialischen Ermordung und Zerstückelung von Herrn Khashoggi im saudischen Konsulat? Jahrelang wurden Kriegswaffen in das wahabitische Königreich geliefert. Panzer auch in den Zeiten der Minister Fischer und Trittin verkauft.

Auch die unmissverständlichen Worte der Bundesregierung auf das oft ungeheuerliche Verhalten von Erdogan in der Türkei lassen bis heute auf sich warten. Bei Russland greifen aber bei einigen weiter die Reflexe aus dem Kalten Krieg. Diejenigen, die eine progressive Energiepolitik fordern, sind gleichzeitig in einem anachronistischen Weltbild gefangen.

Ausdrücklich teile ich den sachlichen und vernünftigen Kurs von Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Kurs sollte Leitlinie für das Handeln der Bundesregierung sein. Nord Stream 2 liegt im europäischen und im deutschen Interesse. Es liegt zudem im Interesse der Menschen und der Wirtschaft unseres Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Es wäre gut, wenn die Bundesregierung der Klarheit von Manuela Schwesig folgen würde. Das Signal muss sein: Deutschland ist nicht mit Sanktionen zu erpressen. Über unsere Energieversorgung entscheiden nicht der US-Kongress oder Fracking-Gas-Lobbyisten in Deutschland.

Nordkurier,