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Bezahlung des Mindestlohns wird trotz steigender Verstöße kaum geprüft

Nachricht von Susanne Ferschl,

Wenn die Bundesregierung behauptet, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sei ‚personell gut aufgestellt‘, ist das nichts weiter als der Code für die Arbeitgeber zum offenen Rechtsbruch", kommentiert Susanne Ferschl die Antwort der Bundesregierung (PDF) auf ihre Kleine Anfrage zur Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohnes in den Bundesländern. "Trotz weniger Kontrollen bleibt die Zahl der Verstöße hoch. Die Bundesregierung lässt die betroffenen Beschäftigten im Regen stehen, wenn sie hier nicht endlich reagiert. Wirksame Kontrollen setzen entsprechend viele Kontrolleure voraus. DIE LINKE fordert daher, die Zahl der Beschäftigten bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit zügig um 5.000 zu erhöhen. Die 1.600 Stellen, die die Bundesregierung bis 2022 vorsieht, erweisen sich schon jetzt als völlig unzureichend.

Die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen kann hier als PDF heruntergeladen werden.

Zusammenfassung:

Die Bundesregierung macht es den Unternehmen leicht, den gesetzlichen Mindestlohn zu umgehen: Die Zahl der durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) geprüften Betriebe ist – gemessen an der Zahl der Betriebe, für die sie insgesamt Kontrollkompetenz hat – äußerst niedrig. In 2017 wurden lediglich 2,4 Prozent der Betriebe kontrolliert. Damit ist die Zahl der geprüften Betriebe in den vergangenen drei Jahren nur marginal gestiegen – und gegenüber 2014 sogar gesunken (2016: 1,9 Prozent; 2015: 2 Prozent; 2014: 2,9 Prozent).

Gleichzeitig erscheint eine schärfere Kontrolle besonders geboten: So ist die Zahl der von der FKS eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen der Nichtgewährung des gesetzlichen Mindestlohns – anteilig gemessen an den Arbeitgeberprüfungen – von 1,6 Prozent in 2015 über 4,1 Prozent in 2016 auf 4,8 Prozent in 2017 gestiegen. In absoluten Zahlen gemessen haben sich die von der  FKS eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Nichtgewährung des gesetzlichen Mindestlohns zwischen 2015 und 2017 von 691 auf 2518 erhöht. Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Betriebe entspräche dies rund 105.000 eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren in 2017.

Während sich die Zahl der eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen der Nichtgewährung des Mindestlohns zwischen 2015 und 2017 nahezu vervierfacht hat (+260 Prozent), ist die Zahl der insgesamt durch die FKS eingeleiteten Strafverfahren lediglich um 1,4 Prozent gestiegen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine intensivere Kontrolle durch die FKS eine weit höhere Zahl von Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen der Nichtgewährung des gesetzlichen Mindestlohns ans Tageslicht bringen würde.

Ein wesentliches Hindernis hierfür dürfte die vergleichsweise geringe Personalausstattung der FKS darstellen. Die Anzahl der besetzten Stellen der FKS ist zwar zwischen 2015 und 2017 um 388 gestiegen (+6,3 Prozent); allein in 2017 hat die Zahl der Stellen um rund 196 gegenüber Vorjahr zugenommen; das ist aber gemessen an der Dringlichkeit und der für die Jahre 2017 bis 2022 in den Haushalt eingestellten 1.600 zusätzlichen Planstellen sehr bescheiden. Würde der jährliche Zuwachs aus dem vergangenen Jahr bis 2022 fortgeschrieben, ergäben sich für den gesamten Planungszeitraum weniger als 1.200 zusätzliche Stellen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Zahl der für das laufende Jahr vorgesehenen 320 Nachwuchsstellen keineswegs ambitioniert.

Auffallend hoch ist die Zahl der durch die FKS eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Nichtgewährung des gesetzlichen Mindestlohns in Berlin: 2017 erbrachte jede achte Prüfung eine Ordnungswidrigkeit (eingeleitete Ordnungswidrigkeitsverfahren in  Prozent der Arbeitgeberprüfungen: 12 Prozent). In Bremen führte immerhin noch rund jede zehnte Prüfung zum Erfolg (eingeleitete Ordnungswidrigkeitsverfahren in  Prozent der Arbeitgeberprüfungen: 9,8 Prozent). Auch Sachsen-Anhalt (8,9 Prozent), Brandenburg (7,4 Prozent) und Hessen (7,1 Prozent) lagen noch deutlich über dem bundesweiten Gesamtergebnis von 4,8 Prozent. Umso prekärer erscheint, dass die Zahl der geprüften Betriebe gerade in Berlin (2017: 1,5 Prozent) und in Hessen (2017: 1,3 Prozent) besonders niedrig liegt, auch im Vergleich mit dem bundesweiten, ohnehin schon enttäuschenden Gesamtergebnis (2017: 2,4 Prozent).

Besonders hoch war die Zahl der Ordnungswidrigkeitsverfahren im Hotel- und Gaststättengewerbe. 2017 ergaben bundesweit 1.421 Arbeitgeberprüfungen 221 Ordnungswidrigkeiten. Zum Vergleich: Obwohl die Zahl der Arbeitgeberprüfungen im Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe mit 1.898 Arbeitgeberprüfungen höher lag, wurden hier nur 38 Ordnungswidrigkeiten festgestellt.

Die Auswertung der Ergebnisse im Einzelnen kann hier als PDF heruntergeladen werden.