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Berlin klatscht

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss

 

 

 

»Legitim« seien die Angriffe der saudischen Kriegskoalition auf Jemen und die »Huthi«-Rebellen, hat das Auswärtige Amt in Berlin am Freitag erklärt. Zu den bisher über 40 zivilen Toten der Bombardements Riads gab es nicht einmal ein Wort des Bedauerns. Wir erinnern uns: Syrien, Irak, Libyen, Bahrain und jetzt Jemen. Überall wo die saudische Religionsdiktatur ihre Interessen berührt sieht – und dieser Raum umfasst mittlerweile alle Staaten der Arabischen Liga, Nordafrika mit eingeschlossen –, ist sie auch bereit, brutale Kriege zu führen bzw. zu unterstützen. Oder die Führung in Riad setzt auf radikal-islamistische Mörderbanden wie jetzt in Syrien auf die Al-Nusra-Front. Für die Angriffe im Jemen hat Saudi-Arabien rund 100 Kampfflugzeuge mobilisiert. Die Bodentruppe aber stellen Al-Qaida-Kämpfer, denen die USA nach einem Bericht der Washington Post einen Teil der im Jemen verschwundenen US-Waffen im Wert von 500 Millionen Dollar überließen. Der jemenitische Präsident Hadi hat sich mittlerweile nach Saudi-Arabien abgesetzt. Sein Hilferuf dient nur als pseudo-völkerrechtliche Legitimation für die Invasion, bei der auch die anderen Golfdiktaturen Bahrain, Katar und die Emirate mittun. Die USA leisten der Militärallianz logistische und geheimdienstliche Hilfe. Zudem wird dieser Krieg auch mit deutschen Waffen geführt.

Die saudische Intervention muss vor dem Hintergrund der Instabilität des eigenen Systems gesehen werden. Die Repressionen gegen die schiitischen Minderheiten, die seit 2011 an der jemenitischen Grenze und in der saudischen Ölregion, der Ostprovinz Asch-Scharqiyya verstärkt aufbegehren, nehmen zu. Ihre Führer, wie der Geistliche Al-Nimr, sitzen, unbeachtet vom Westen, in den Gefängnissen Riads. Im Jemen zeigt sich, dass eine derartige Unterdrückung nicht ewig währen kann. Auch hier hatten von den Saudis unterstützte Kräfte Schiiten drangsaliert. Die Region Sadaa im Norden des Jemen selbst, aus der die schiitischen Rebellen stammen, war jahrelang vernachlässigt worden.

Die saudische Diktatur führt diese brutale Invasion auch, damit das »Tor der Tränen«, die 27 Kilometer breite Meerenge Bab Al-Mandab, durch die ein Großteil des Öltransports läuft, unter der Kontrolle ihrer Verbündeten verbleibt. Zudem soll offenbar auch das Jahrhundertprojekt des saudischen Oligarchen Tarek bin Laden, eines Halbbruders von Osama bin Laden, für eine Brücke über die Meerenge nicht gefährdet werden. Die Kumpanei Berlins mit Riad muss endlich beendet werden. Ein sofortiger Waffenstopp ist zwingend. Das Gerede vom »Stabilitätsanker in der Region« (Bundesinnenminister Thomas de Maizière), der andere Länder in der Region überfällt, ist verräterisch. Die Bundesregierung muss gestellt werden, auch weil sie den nächsten Völkerrechtsbruch – diesmal im Jemen – einfach nur durchwinkt.

junge Welt, 28. März 2015