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Atomwaffen abziehen statt INF-Vertrag kündigen

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Von Sevim Dagdelen, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, den Vertrag zur Begrenzung landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen einseitig aufzukündigen. Damit wird ein Grundpfeiler der Sicherheit in Europa untergraben und die Lage auf der Welt gefährlicher. Es droht eine neue atomare Hochrüstung. Schon heute geben die USA mit 700 Milliarden Dollar für Rüstung zehnmal mehr aus als Russland (66 Milliarden Dollar).

Verkürzung der Vorwarnzeiten

Der INF-Vertrag gehört zu den wichtigsten Abrüstungsvereinbarungen in der Zeit des Kalten Krieges. Er wurde am 8. Dezember 1987 anlässlich des Gipfeltreffens von US-Präsident Ronald Reagan und des sowjetischen Generalsekretärs Michail Gorbatschow in Washington geschlossen und verbietet den USA und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion bis heute den Bau und Besitz von Raketen mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometern.

Sollten in Europa nun wieder landgestützte Mittelstreckenraketen stationiert werden, erhöht dies die Gefahr eines Atomkrieges, da die Vorwarnzeiten auf wenige Minuten verkürzt werden. Im Fall eines Alarms bleibt kaum Zeit zu prüfen, ob es sich um einen technischen Systemfehler oder einen tatsächlichen Angriff handelt.

Vertragsverletzungen prüfen

Die USA und Russland werfen sich seit mehreren Jahren gegenseitig vor, den INF-Vertrag zu verletzen. Russland verweist dabei auf die Stationierung von Raketenabwehr-Systemen in Osteuropa. Von diesen Abschussrampen könnten auch Marschflugkörper gestartet werden. Washington wiederum kreidet Moskau die Entwicklung und Stationierung von Marschflugkörpern des Typs SSC-8 an, die mit ihrer Reichweite unter das Verbot des INF-Vertrages fallen würden. Russland bestreitet dies allerdings.

Vertragsverletzungen müssen und können im Rahmen des bestehenden Vertragswerkes geklärt werden – nicht durch einseitige Aufkündigung. Russland hat bereits angekündigt, dass es sich zu militärischen Gegenmaßnahmen gezwungen sieht, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika aus einem Aus für INF (Intermediate Range Nuclear Forces, zu deutsch: nukleare Mittelstreckensysteme) neue Atomraketen entwickeln sollten.

Absage an Raketenstationierung

Die Bundesregierung muss sich auf allen diplomatischen und politischen Ebenen für die Beibehaltung des INF-Vertrags starkmachen. Sie muss der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden eine Absage erteilen. Über ein Veto in der NATO kann zudem ein Aufstellen dieser Waffensysteme in anderen europäischen NATO-Staaten unterbunden werden.

Die Bundesregierung muss friedenspolitisch Verantwortung übernehmen. Dazu gehören die Unterzeichnung des internationalen Vertrags über ein Verbot von Atomwaffen und ein Verzicht auf die nukleare Teilhabe sowie der Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel in Rheinland-Pfalz.