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4.675.903.975,32 Euro zzgl. Zinsen will Vattenfall von Deutschland

Im Wortlaut von Klaus Ernst,

 

Von Klaus Ernst, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales

 

Im Mai 2012 hatte der schwedische Energiekonzern Vattenfall bekannt gegeben, die Bundesregierung auf Schadensersatz zu verklagen, weil ihm durch den Atomausstieg hohe Renditen entgingen. Grundlage der Klage ist der Energiecharta-Vertrag, der 1998 in Kraft trat und Investor-Staat-Klagemöglichkeiten für ausländische Investoren enthält.

Bis vor kurzem kursierte in der Presse eine Klagesumme von 3,7 Mrd. Dass nun die „richtige“ Zahl von 4.675.903.975,32 Euro zuzüglich Zinsen (Libor + 4 Prozentpunkte) an die Öffentlichkeit gekommen ist, haben wir Bundeswirtschaftsminister Gabriel zu verdanken – gewollt oder nicht. Im Ausschuss für Wirtschaft und Energie plapperte Gabriel die rund 4,7 Mrd. Euro aus. Meine Fraktion hat diese Zahl an die Presse gegeben. Daraufhin wurde auch endlich unsere diesbezügliche Schriftliche Frage beantwortet – zunächst hatten wir nur einen Verweis auf die in der Geheimschutzstelle ausliegenden Unterlagen erhalten.

Schon die Möglichkeit, gegen demokratisch gefällte Entscheidungen vor privaten Schiedsgerichten vorgehen zu können, ist ein Skandal. Völlig absurd ist aber auch die Höhe der Vattenfall-Forderung: Angeblich hatte der Konzern 700 Millionen in Atomkraftwerke investiert, weil er damit rechnete, dass die Anlagen noch eine Weile laufen. Im Wunschszenario der Betreiber hätte aber auch der damalige Zustand, wo die abgeschriebenen Anlagen täglich einen Gewinn von 1 Million Euro einbrachten, noch lange fortgeschrieben werden sollen. So kommt Vattenfall auf die Höhe von 4,7 Milliarden. Auch die 4 Prozentpunkte zusätzlich zum Libor entspringen dieser Traumwelt – mit dem derzeitigen Zinsniveau hat das nichts mehr zu tun. Kurzum: Vattenfall will sich auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger bereichern.

Was heißt das für uns? Erstens: Bundeswirtschaftsminister Gabriel muss endlich umfassend Einblick in das Verfahren gewähren. Die Einsichtnahme von Abgeordneten unter Geheimschutzbedingungen in ausgewählte zusammengefasste Unterlagen zum Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen in keinem Verhältnis zum öffentlichen Interesse an diesem Verfahren.

Zweitens: Nie wieder sind Investitionsschutzkapitel mit Investor-Staat-Klagemöglichkeiten abzuschließen – nicht im CETA-Abkommen mit Kanada, nicht im TTIP-Abkommen mit den USA und auch nicht anderswo. Denn was mit schlechter Absicht entsteht, kann in der Anwendung niemals gut werden. Investor-Staat-Klagemöglichkeiten müssen aufgegeben werden, Reformen reichen nicht. Australien und Südafrika machen das bereits vor.

linksfraktion.de, 16. Oktober 2014