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Gesundheits- und Pflegeversicherung, Solidarische

Themenpapiere der Fraktion

Die Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung sind sozial gerecht. Gesunde zahlen für Kranke und Gutverdienende für Geringverdienende. Ähnliches gilt für die Pflegeversicherung. Aber leider gibt es von diesen Grundsätzen so viele Ausnahmen, dass grobe Ungerechtigkeiten die Folge sind:

  • Zuzahlungen: Hier wird man finanziell bestraft, wenn man krank ist. Gleiches gilt für notwendige Leistungen, die aber nicht oder nur zum Teil übernommen werden, z. B. Zahnersatz oder Brillen.
  • Kapitaleinkommen: Wer arbeitet, zahlt auf sein Gehalt Beiträge, wer Einkommen aus Aktien, aus Vermietung u. a. hat, zahlt darauf nichts.
  • Private Krankenversicherung: Einige Bevölkerungsgruppen können sich aus der Solidarität verabschieden, v. a. Beamtinnen und Beamte, Selbstständige und Angestellte mit hohem Einkommen.
  • Beitragsbemessungsgrenze: Wer im Monat mehr als 4.837,50 Euro brutto (2019) hat, zahlt auf jeden weiteren Euro gar keinen Beitrag; mit z. B. 15.000 Euro Monatseinkommen zahlt man also nur so viel Beitrag, als hätte man 4.837,50 Euro. Prozentual sinkt die Belastung mit steigendem Einkommen. Ein Irrsinn!
  • Umgekehrt am anderen Ende der Einkommensskala: Freiwillig Versicherte mit weniger als 1.096,67 Euro brutto im Monat zahlen Beiträge, als hätten sie so viel. Damit zahlen diese Geringverdienenden prozentual am meisten.
  • Die Pflegeversicherung ist gar nur eine Teilversicherung. Sie übernimmt stets nur einen Teil der Kosten. Schlimmer noch: Alle Kostensteigerungen trägt die zu pflegende Person alleine. Zudem gibt es zu wenige Altenpfleger:innen, die außerdem noch zu schlecht bezahlt sind. Ein Teufelskreis!

Unser Vorschlag ist klar: Alle in Deutschland lebenden Menschen beteiligen sich nach ihrem Einkommen an der Finanzierung des Gesundheitssystems. Dann ginge es nicht nur gerechter zu, sondern auch die Beitragssätze könnten auch deutlich sinken. Deshalb haben wir das Konzept der Solidarischen Gesundheitsversicherung (Bürgerinnen- und Bürgerversicherung) entwickelt:

  • Alle Einkommensarten einbeziehen: Alle zahlen entsprechend ihrem gesamten Einkommen aus Löhnen, Honoraren sowie Miet-, Pacht- und Kapitalerträgen in die Bürgerversicherung ein. Alle den gleichen Prozentsatz.
  • Beitragsbemessungsgrenze abschaffen: Bislang zahlen wegen der Beitragsbemessungsgrenze Gutverdienende prozentual weniger Beitrag als Schlecht- und Normalverdienende. Deshalb wollen wir die Beitragsbemessungsgrenze abschaffen. Der Beitrag richtet sich dann endlich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit: Wer wenig hat, zahlt wenig, wer mehr hat, zahlt mehr.  Ebenso wird die Mindestbemessung für geringverdienende freiwillig Versicherte abgeschafft, damit die Ärmsten nicht den höchsten Beitragssatz zahlen.
  • Private Krankenversicherung als Vollversicherung abschaffen: Die private Krankenversicherung wird auf medizinisch nicht notwendige Zusatzversicherungen beschränkt. Das in Europa einzigartige Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenvollversicherung wird damit beendet.
  • Patientinnen und Patienten entlasten: Zuzahlungen werden abgeschafft; alle medizinisch notwendigen Leistungen werden in guter Qualität voll übernommen.

Der durchschnittliche Beitragssatz könnte mit unserem Konzept laut einer Studie aus dem Jahr 2021 von damals 15,7 Prozent auf gut 12 Prozent des Einkommens sinken. Auf Löhne und Gehälter sowie Renten müssten die Versicherten nur noch einen Anteil von 5,85 Prozent statt derzeit 8,4 Prozent zahlen. Die Mehrzahl der Menschen hätte mit unserem Konzept also mehr Geld in der Tasche. Wer unter einem Monatsbrutto von etwa 6.250 Euro liegt, wird entlastet, diejenigen darüber belastet. Die gestiegene Kaufkraft der Gering- und Normalverdienenden gäbe der Binnenwirtschaft positive Impulse. Durch den Kaufkraftschub kämen gemäß einer weiteren Studie dauerhaft über 500.000 Menschen zusätzlich in Beschäftigung.

Die Solidarische Pflegeversicherung schafft finanziellen Spielraum für dringend notwendige Verbesserungen: Wenn unser Vorschlag umgesetzt würde, stünden bei gleichem Beitragssatz auf einen Schlag über 16,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung – jährlich. Wir brauchen mehr Pflegekräfte, die besser bezahlt werden müssen, und außerdem wollen wir aus der Pflegeversicherung schrittweise eine Vollversicherung machen, damit niemand wegen Pflegebedürftigkeit trotz Pflegeversicherung aufs Sozialamt muss.

Es könnte so einfach sein: Wer viel Einkommen hat, zahlt viel, wer wenig hat, zahlt wenig und wer keins hat, zahlt nichts. Dadurch sinken in der Krankenversicherung die Beitragssätze und in der Pflegeversicherung wäre bei gleichem Beitragssatz mehr Geld vorhanden.

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