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Integrationsdebatte: Jeder kehrt vor der Tür des Anderen

Pressemitteilung von Sevim Dagdelen,

"Der Denkfehler Erdogans ist, dass er die Türkei-stämmigen Migrantinnen und Migranten für Lobbyisten für die türkische Außenpolitik hält", erklärt Sevim Dagdelen zu den Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten. Diese Annahme beruhe darauf, dass diese immer wieder von türkischen Regierungen als diplomatische Verhandlungsmasse immer benutzt worden seien, so die migrationspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE und stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe:

"Die Migrantinnen und Migranten sind zu einem festen Bestandteil der hiesigen Gesellschaft geworden. Diese Tatsache muss Erdogan genauso akzeptieren wie die Vertreter der Bundesregierung. Aus der Türkei stammende Migrantinnen und Migranten sowie deren hier geborene und aufgewachsene Kinder in zweiter und dritter Generation sind in erster Linie Erwerbstätige, Erwerbslose, Rentner, Alleinerziehende, Schüler oder Studenten - mit all den Problemen, die auf ihren sozialen Status zurückzuführen sind. Diese Probleme werden nicht durch türkische Schulen in der Bundesrepublik gelöst, auch nicht von der türkischen Regierung. Der Versuch Erdogans, diese Probleme auszublenden und aus den Reihen der Migrantinnen und Migranten Lobbyisten für die Politik der Türkei zu rekrutieren, ist zum Scheitern verurteilt. Das Rad der Geschichte kann eben nicht aufgehalten oder gar zurückgedreht werden.

Vertreter der Bundesregierung wären andererseits gut beraten, bei ihren Ratschlägen und Schuldzuweisungen an die Adresse der türkischen Regierung mit kleinerer Flamme zu kochen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Migrantinnen und Migranten von sozialen Problemen stärker betroffen sind, diskriminiert und ausgegrenzt werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn ein Teil der so genannten türkischen Community eher dem türkischen Ministerpräsidenten zujubelt als Merkel oder Böhmer. Wer sich daran stört, muss endlich den Weg für Gleichberechtigung und Partizipation ebnen. Ansonsten bleibt die Selbstkritik bezüglich der Versäumnisse der bundesdeutschen Integrationspolitik ein Lippenbekenntnis ohne konkrete Folgen."