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"...Was Sie uns hier anbieten, ist doch Sozial-Lametta..."

Rede von Gesine Lötzsch,

Rede zum Antrag der FPD-Fraktion auf Privatisierung des Sportwettenmarktes

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag der Kollegen der FDP zur Aufgabe des staatlichen Wettmonopols las, kam mir die Handschrift gleich sehr bekannt vor.
(Detlef Parr (FDP): Jetzt kommen die Vorurteile!)
Zuerst zum Allgemeinen. Viele der Anträge, die Sie einbringen, tragen die gleiche Handschrift. Man braucht gar nicht lange nachzudenken: Es ist die Handschrift von Frau Breuel, der letzten Chefin der Treuhandgesellschaft.
(Detlef Parr (FDP): Was? Die hat mit der FDP gar nichts zu tun!)
Frau Breuel hat leidenschaftlich gern privatisiert. Sie hat alles, was im Osten nicht niet- und nagelfest war, privatisiert, verkauft, verscherbelt. Unter den Folgen hat Ostdeutschland noch lange zu leiden. Nun weiß ich nicht, meine Damen und Herren, ob Frau Breuel einen kleinen Honorarvertrag bei der FDP-Fraktion hat; ich könnte vor einer Weiterbeschäftigung nur warnen.
Jetzt zum Konkreten; es ist eine sicherlich auch Ihnen bekannte Methode, so vorzugehen. In Ihrem Antrag fordern Sie, das staatliche Wettmonopol zu verscherbeln,
(Detlef Parr (FDP): Ganz einfach neu zu entscheiden!)
weil Ihnen die Wettlobby im Nacken sitzt und das ganz große Geschäft wittert. In Deutschland liegt der Wettspieleinsatz pro Kopf bei 33 Dollar, in Großbritannien bei 627 Dollar und in Hongkong bei 1 848 Dollar. Da kann natürlich jeder verstehen, dass in den Augen der Lobbyisten die Dollarzeichen blitzen. In Deutschland kann man einen zweistelligen Milliardenbetrag erwirtschaften, wie eine Studie des Kölner Instituts "Sport + Markt" prognostiziert hat. Nur das staatliche Wettmonopol steht dem noch entgegen.
(Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt)
Als Wolf im Schafspelz kommt die FDP daher, wenn sie in ihrem Antrag die Kriterien für die Vergabe von Konzessionen formuliert. Es soll unter anderem geprüft werden, ob der Konzessionsnehmer persönlich zuverlässig ist. Wer ist zuverlässig? Ist es der erwähnte Exschiedsrichter Hoyzer, der gerade freigesprochen wurde
(Dr. Peter Danckert (SPD): Nein, nein!)
oder freigesprochen wird, wie wir alle wissen ,
(Dr. Peter Danckert (SPD): Nein, auch nicht! - Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht gibt es noch vernünftige Juristen!)
oder ist es jemand wie Herr Ackermann von der Deutschen Bank? Dem würde ich zum Beispiel auch keine Spielkonzession geben.
(Detlef Parr (FDP): Jetzt sind wir ganz eng bei der Sache!)
Meine Damen und Herren, weiterhin fordern Sie ein ausgereiftes Sozialkonzept. Auch da kommt wieder die bereits erwähnte Kollegin Breuel zum Vorschein.
(Klaus Riegert (CDU/CSU): Was ist mit Oskar Lafontaine?)
Bei der Privatisierung ostdeutscher Unternehmen wurden von der Treuhand auch immer Sozialkonzepte verabschiedet. Es wurden Beschäftigungsgarantien und andere schöne Sozialmaßnahmen festgelegt. Doch keiner hat sich daran gehalten. Es hat auch keiner kontrolliert. Was Sie uns hier anbieten, ist doch „Sozial-Lametta“, das, würde Ihr Antrag angenommen was ja nicht passieren wird, gleich nach Weihnachten wieder entsorgt würde.
Wir als Linke sind der Auffassung, dass das staatliche Wettmonopol die beste Voraussetzung ist, um die von Ihnen formulierten Anforderungen zu erfüllen. Eine Kommerzialisierung macht nur die privaten Wettbüros reich und treibt die Menschen in die Arme von Zockern, denen das Schicksal der Spieler gleichgültig ist.
(Detlef Parr (FDP): Das bringt Arbeitsplätze auch in den Osten!)
Ich bin keine Freundin von Glücksspielen und möchte Ihnen jetzt den Spruch meiner Großmutter vortragen: Wer wetten will, will auch betrügen. Das hat meine Großmutter immer gesagt. Es trifft sicherlich nicht ganz zu. Ich kenne aber mehr Menschen, die durch das Glücksspiel unglücklich geworden sind, als solche, die dadurch glücklich geworden sind.
Wir als Linke lehnen den Antrag der FDP ab und fordern gleichzeitig die Bundesregierung auf, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts konsequent zu nutzen, um die Wettsucht zu bekämpfen und illegale Wetten intensiver zu verfolgen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)

Rede am 30.11.2006 im Deutschen Bundestag