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Verbot von Telefonwerbung wirksam durchsetzen

Rede von Karin Binder,

Unerwünschte Telefonwerbung ist ein wachsendes Problem. Die Rechtslage aber ist in der Praxis äußerst schwammig. Zwar hat jede/r BürgerIn einen Unterlassungsanspruch gegen unerwünschte und belästigende Telefonwerbung, aber den Schutz der eigenen Privatsphäre durchzusetzen ist schwierig.

Karin Binder, verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. sagt dazu:

Herr Präsident,liebe KollegInnen, meine Damen und Herren,
„Guten Tag, unser Zufallsgenerator hat Sie als Gewinnerin eines unserer heutigen Hauptpreise ermittelt. . .“

Wer von uns hat nicht schon einmal eine ähnliche Begrüßung am Telefon erfahren. Eine freundliche aber unverbindliche Bandstimme fordert uns auf, nur noch unsere Adresse anzugeben, damit der Gewinn geliefert werden könne.
Bei solchen Anrufen lege ich sofort auf, weil ich weiß, wozu sie stattfinden. Aber viele Menschen wissen es nicht, geben im guten Glauben ihre Adresse an und befinden sich ab sofort im erlauchten Kreis derer, die jetzt öfter angerufen und telefonisch umworben werden.

Unerwünschte Telefonwerbung ist ein wachsendes Problem. Die Rechtslage aber ist in der Praxis äußerst schwammig. Zwar hat jede/r BürgerIn einen Unterlassungsanspruch gegen unerwünschte und belästigende Telefonwerbung, aber den Schutz der eigenen Privatsphäre durchzusetzen ist schwierig.

Die Betroffenen müssen die Belästigung selbst zivilrechtlich zur Ahndung bringen und diese detailliert beweisen. Es gibt zwar das Verbot, aber keinen durchgreifenden Bußgeldtatbestand.
Das wird der massenhaften Anzahl der Verstöße nicht gerecht. In der aktuellen Ausgabe der Stiftung Warentest ist die Situation kurz und klar dargelegt. Die schwarzen Schafe werden namentlich benannt.
Zwar sind die „kalten Werbeanrufe“ verboten. Aber die Strafe für den Verstoß steht in keinem Verhältnis zu dem möglichen Gewinn. Selbst Firmen, die abgemahnt wurden, machen munter weiter. Das Verbot im Rahmen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb genügt offensichtlich nicht. Härtere Sanktionen wie höhere Bußgelder und wirksamere Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten scheinen erforderlich.

Das nächste Problem stellt sich dann jedoch für die BürgerInnen bei der Anzeige- und Beweislast im Bußgeldverfahren. Es werden praktikablere und sachgerechtere Lösungen zur Sicherstellung der Ahndung gebraucht.

Die Verbraucherschutzorganisationen haben da bereits einiges geleistet. Die Verbraucherzentralen haben zwar die Möglichkeit, einen Unterlassungsanspruch im Wege eines Abmahnverfahrens durchzusetzen, notfalls mit einer Verbandsklage. Die Unterlassungsverpflichtungen der Firmen gelten dann gegenüber allen Betroffenen; bei Verstößen dagegen drohen empfindliche Geldstrafen. Aber auch hier ist die Voraussetzung für den Erfolg solcher Verfahren, die Kenntnis und Beweisbarkeit der relevanten Daten.
Sonst sind die von den zuständigen Ministerien im Oktober 2006 ins Gespräch gebrachten Bußgelder wirkungslos, ähnlich wie die bereits jetzt strafbelegten Unterlassungsansprüche.
Bußgelder wirken nur, wenn auch das Risiko besteht, für die Rechtsverstöße belangt zu werden.
Der Gesetzgeber muss die Telefonwerber verpflichten, gegenüber dem Angerufenen ihre Daten zu Beginn des Gesprächs zur Rückverfolgbarkeit offen zulegen.
Der Gestörte darf nicht die alleinige Ermittlungs- und Beweislast tragen. Geprüft werden muss der Vorgang mittels Verbindungsnachweis beim Störer. Um wirksame und effektive Lösungen zu finden, sollten wir die Erfahrungen der Verbraucherschutzorganisationen und der Datenschützer ebenso nutzen wie die Möglichkeiten neuer Technik in der Telekommunikation.

Es geht dabei nicht allein um den Schutz der Privatsphäre. Es geht auch um den Schutz vor Überrumpelung und unlauteren Angeboten, denen vor allem Menschen mit kleinem Geldbeutel ausgeliefert sind. Die sehen sich nach solchen Telefongesprächen plötzlich mit Geldforderungen eines Unternehmens konfrontiert, mit dem sie angeblich irgendwelche Verträge eingegangen sind. Viele Menschen tappen so in die sog. Schuldenfalle.
Wenn wir nicht immer mehr Schuldnerberatungsstellen einrichten wollen, müssen wir dagegen etwas tun.
Es ist Aufgabe der Bundesregierung jetzt zügig ihrer Verantwortung nachzukommen und wirksame Gesetzesvorschläge zu erarbeiten.