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Transparenz im Rohstoffhandel schaffen

Rede von Ulla Lötzer,

Bundestagsrede (zu Protokoll) vom 31.1.2013

TOP 19: Beratung des Antrags der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dr. Sascha Raabe, Wolfgang Tiefensee, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Transparenz in den Zahlungsflüssen im Rohstoffbereich und keine Nutzung von Konfliktmineralien

Die Verseuchung von Landstrichen, Zwangsumsiedlungen für neue Minenprojekte, Kinderarbeit oder gewaltsames Vorgehen gegen Gewerkschaften: Viele deutsche Rohstoffimporteure aber auch Stahl- und Automobilfirmen wissen um die Situation in vielen Bergwerken und Tagebauen im Süden, aber sie tun nichts. Sie übernehmen keine Mitverantwortung für die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie Umweltstandards entlang der Produktions- und Lieferkette. Was zählt ist der Rohstoffpreis und der freie Marktzugang. Hierzu lesen wir jeden Tag die Forderungen der Unternehmensverbände an die Bundesregierung.

Während Konsumenten von Kaffee oder Textilien auf Zertifizierungen zurückgreifen können und so mit ihrem Kaufverhalten Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden etwas entgegensetzen können, sind wir beim Kauf von Heizöl, Autos oder Baumaterialien noch weit von gekennzeichneten sozialen Mindeststandards oder ökologischen Zertifikaten entfernt.

Die Linke begrüßt deshalb den Ansatz des amerikanischen Dodd-Franc-Acts schon am Beginn der Lieferkette anzusetzen und negative Auswirkungen des Abbaus mineralischer und fossiler Rohstoffe zu mindern, indem Unternehmen zukünftig Zahlungen an die Regierungen für jede Mine und jedes andere Projekt offenlegen müssen. Das soll es den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ermöglichen, Rechenschaft von ihren Regierungen über die Höhe sowie insbesondere über die Verwendung der Einnahmen einzufordern.

Diese Regelungen für us-börsennotierte Unternehmen sollen jetzt zumindest für Öl-, Gas-, Bergbau- und Forstunternehmen in EU-Recht übernommen werden. Die Richtlinienentwürfe zu Transparenz- und Offenlegungspflichten für Rohstoffunternehmen wären – wenn sie denn den Konflikt mit den Unternehmen suchen würden - ein erster und großer Schritt um weltweit die Abhängigkeit von Rohstoffexporterlösen zu reduzieren, Korruption zu bekämpfen und die Abhängigkeit von Entwicklungshilfe zu reduzieren. Aber wie zu erwarten, blockiert die Bundesregierung unterstützt von den Brüssler Lobbyabteilungen der Öl- und Bergbaumultis.

In den Verhandlungen mit den Mitgliedsstatten und dem Ministerrat sind wesentliche Forderungen des Europäischen Parlaments – soweit wir im Bundestag das nachvollziehen können - bereits verwässert worden und zwar mit expliziter Unterstützung der Bundesregierung.

Das Europäische Parlament hatte gefordert, die Offenlegungspflichten auch auf Banken, den Telekommunikationssektor und den Infrastrukturbereich anzuwenden – um der wachsenden Bedeutung dieser Sektoren für Entwicklungsländer gerecht zu werden. Das wurde von den Mitgliedsstaaten in eine Revisionsklausel verbannt. Eine Ausweitung auf Agrobusinesskonzerne wurde nur von NGOs gefordert.

Ein großes Schlupfloch geöffnet, da keine Angaben zu Subunternehmen gemacht werden müssen. Drittens wurde die sogenannte Wesentlichkeitsschwelle auf Zahlungen in Höhe von 100.000 Euro festgesetzt. Das ist schon mal ein großer Fortschritt gegenüber der skandalösen Forderungen des Ministerrates erst Zahlungen ab einer halben Million Euro angeben zu müssen. Diese hohe Schwelle widerspricht aber immer noch eindeutig dem Ziel und auch dem Namen der Transparenzrichtlinie.

Offengelegte und vergleichbare Zahlungen an Regierungen sollen der Zivilgesellschaft vor Ort Einblick in die Geschäftspraktiken der Rohstoffunternehmen geben. Entwicklungsorganisationen hatten auf Grund ihrer Erfahrungen darauf hingewiesen, dass auch kleine Zahlungen von Bedeutung für lokale Gemeinschaften sind, die von der Ressourcenausbeutung betroffen sind und hatten eine Schwelle von höchstens 15.000 Euro vorgeschlagen.

Die Bundesregierung lehnt es viertens weiter ab bezahlte Strafen für Verletzungen von Umwelt-/ Altlastensanierungsgesetzen in die Offenlegungspflicht einzubeziehen und beschränkt die Richtlinie auch darauf, nur die Anzahl der vor Ort Beschäftigten veröffentlichungspflichtig zu machen.

Damit sind wir bei den Grenzen eines Ansatzes, der die Probleme der Rohstoffausbeutung alleine über die Offenlegung von Zahlungen an Regierungsstellen angehen will. Bleibt man bei dieser Forderung stehen, wird die Verantwortung von den Konzernen weg auf die staatlichen Stellen vor Ort verlagert, die oft an einem schwachen Hebel sitzen. Die Zivilgesellschaft und NGOs vor Ort werden überfordert.

Notwendige Spielräume bei der sozial-ökologischen Regulierung in den Entwicklungsländern werden häufig durch multilaterale und bilaterale Verträge eingeschränkt. Deshalb müssen zukünftig Menschenrechte, Arbeitsrechte und Umweltschutz Vorrang bei allen Handels-, Investitions- und Rohstoffabkommen bekommen. Wenn wir aber mit dem Ressourcenfluch und mit der umweltzerstörenden und oft sozial verheerenden neuen Jagd nach Rohstoffen Schluss machen wollen, müssen wir hier in den Industrieländern beginnen unseren Wohlstand vom Verbrauch von Öl, Gas, Kohle und Metallen zu entkoppeln! Ein fundamentaler Politikwechsel hin zu einer zukunftsfähigen Rohstoffpolitik muss deshalb in sehr viel stärkerem Umfang als bisher auf eine absolute Senkung des Rohstoffverbrauchs abzielen.