Rede vor dem Plenum des Deutschen Bundestages am 29. März 2007 zur Aktuellen Stunde anlässlich der eskalierenden Ereignisse in Simbabwe.
Rede vor dem Plenum des Deutschen Bundestages am 29. März 2007 zur Aktuellen Stunde anlässlich der eskalierenden Ereignisse in Simbabwe.Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit brutaler Gewalt versucht das Regime in Simbabwe, die Kontrolle über das Land zu behalten. Die andauernden Übergriffe gegen die Opposition sind nur die Spitze des Eisbergs. Bereits im September 2006 wurden 15 Gewerkschafter in der Haft so schwer misshandelt, dass sie in Krankenhäuser eingeliefert werden mussten. Vor zwei Wochen stürmte die Polizei die Gewerkschaftszentrale in Harare. Sie beschlagnahmten Plakate und Flugblätter, die zum Streik am 3. und 4. April aufrufen.
Das Regime hat Angst vor der Wut in der Bevölkerung. Im Armenviertel Highfield in Harare vergeht kaum ein Tag ohne Proteste gegen die Lebensmittelknappheit. Es herrscht eine Inflation, die an Weimarer Zeiten erinnert. Vorgestern wurden über Nacht die Preise für die Benutzung wichtiger Zugverbindungen verdoppelt. Das heißt, Arme sind nicht mehr mobil.
Deshalb kämpfen die Gewerkschaften in Simbabwe für einen an die Inflation gekoppelten Mindestlohn. Das mögen die Unternehmer nicht, weder in Simbabwe noch in Deutschland. Das mag auch Mugabe nicht. Je schwächer seine Position wird, desto mehr spitzt das Regime die Situation zu. Der Innenminister hat in dieser Woche der Polizei einen Freibrief für den Einsatz scharfer Munition erteilt. Doch alle Waffengewalt wird Mugabe nichts nützen, wenn die Opposition endlich ihre Spaltung überwindet. Der Streik am 3. und 4. April, den die Gewerkschaften organisieren, kann auch zum Mobilisierungspunkt für die Masse der Arbeitlosen werden.
So wie in Guinea. Dort zwang ein von den Gewerkschaften organisierter Generalstreik vor einem Monat den korrupten Präsidenten Conté, einen Teil seiner absoluten Herrschaft abzugeben. Das ist eine Botschaft an alle Regierungen dieser Erde. Es muss ein Recht auf politischen Streik geben, damit sich das Volk wehren kann.
Erzbischof Pius Ncube aus Simbabwe hat diese Woche gesagt:
Ich bin bereit, mich an die Spitze einer gewaltlosen Massendemonstration zu setzen, denn dieser Diktator muss verschwinden ...
Dieser Meinung bin auch ich.
Die Entschlossenheit der Opposition ist bewundernswert. Nicht so bewundernswert sind die Reaktionen mancher Nachbarstaaten. Die südafrikanische Staatengemeinschaft SADC hat aus meiner Sicht versagt. Die ANC-Regierung in Südafrika äußert bislang keine offene Kritik an Mugabe. Angolas Innenminister Ramos Monteiro hat der simbabwischen Regierung die Entsendung von rund 2 500 Sondereinsatzkräften zugesagt. Sie sollen zwei Tage vor dem bevorstehenden Streik zur Verfügung stehen. Das ist ein skandalöser Vorgang. Ich erwarte von der Bundesregierung ein deutliches Wort der Kritik an Angolas Regierung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Internationale Solidarität erfährt das simbabwische Volk von anderer Seite. Bischof Tutu hat das Stillschweigen der Regierung in Pretoria verurteilt. Der südafrikanische Gewerkschaftsdachverband Cosatu hat angekündigt, am Tag des Streiks in Simbabwe einen Solidaritätsmarsch in Johannisburg zu organisieren. Die Solidarität im südlichen Afrika kommt von unten, von den Gewerkschaften, von den Aktivisten und Aktivistinnen.
Wir, die Abgeordneten von der Linksfraktion, unterstützen sie dabei. Lassen Sie mich das hervorheben. Als Gewerkschafter wünsche ich den Kollegen und Kolleginnen vom Gewerkschaftsdachverband Simbabwes für den Streik am 3. und 4. April viel Erfolg. Wir, Die Linke, unterstützen die Forderungen nach einer neuen Verfassung und nach fairen Neuwahlen in Simbabwe. Das polizeiliche Versammlungsverbot muss ganz aufgehoben werden.
Das alles wird mit Mugabe nicht zu machen sein. Doch der Wechsel darf nicht auf eine Palastrevolte beschränkt bleiben. Dass führende Politiker der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien erkennen lassen, dass sie sich gegebenenfalls auch mit dem Austausch einiger Köpfe zufriedengeben würden, ist zynisch. In Simbabwe geht es nicht um die Interessen Blairs oder Europas, sondern es geht um die Interessen des simbabwischen Volkes.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir, Die Linke, sind an der Seite derer, die für die Rechte der Menschen kämpfen.
Eine letzte kurze Anmerkung. Auch wir, die Fraktion Die Linke, haben gestern dem interfraktionellen Antrag im Ausschuss für Menschenrechte zugestimmt. Aber langsam müssen Sie damit aufhören, Die Linke immer wieder auszugrenzen. Auch das ist nicht demokratisch.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich hoffe, Sie werden Ihr kindisches Verhalten irgendwann ablegen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und des Abg. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))