Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung: Erweiterung Euro-Rettungsschirm
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe heute gegen die Erweiterung des Rettungsschirms gestimmt, weil ich nicht länger zusehen will, wie die Finanzmärkte die Politik weiter vor sich hertreiben. Ich frage mich wirklich: Wo sind wir eigentlich angekommen, wenn Angela Merkel frühmorgens erst einmal die Kommentare der Ratingagenturen und die Börsenkurse anschauen muss, bevor sie ins Kabinett geht und ihre Politik weiterentwickelt? Das ist ein Versagen jeglicher Demokratie.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich kann das in dieser Form nicht verantworten.
Die ganze Politik, alles, was hier heute beschlossen wurde, wird die Umverteilung von unten nach oben vorantreiben. Die Umverteilung ist eine Ursache dieser Krise. Deswegen hilft diese Politik nicht aus der Krise heraus; vielmehr verschärft diese Politik die Krise.
(Beifall bei der LINKEN)
Es wurde schon mehrfach angesprochen: diese Politik gefährdet ernsthaft jeglichen Ansatz einer europäischen Integration. Wir erleben in vielen Ländern, wie rechtspopulistische Parteien und Bewegungen die Wut und das Gefühl der Ohnmacht der Menschen zu instrumentalisieren versuchen. Eine Politik, die diese Entwicklung ignoriert, ist verantwortungslos. Wir müssen eine soziale Politik für die Menschen dagegenstellen. Nur so können wir auch rechten Bewegungen eine klare Absage erteilen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich habe auch deswegen gegen den sogenannten Rettungsschirm gestimmt, weil darin viel Geld gebunden wird, das wir für gute, zukunftsweisende Ideen in Europa bräuchten. Wir könnten ganz Europa auf regenerative Energien umstellen. Wir könnten völlig neue Entwicklungen befördern. Das dafür benötigte Geld wird gebunden, und das steht der Zukunft Europas entgegen.
Diese Politik ist negativ und zerstörerisch, und deswegen habe ich heute gegen diesen Gesetzentwurf gestimmt.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte, dass wir ein Europa der Menschen entwickeln und nicht ein Europa der Banken. Dieses Signal muss von diesem Parlament ausgehen. Die Krise können wir nur überwinden, wenn das Finanzkasino - anders kann man es gar nicht mehr nennen - endlich geschlossen wird und die Staaten sich unabhängig von Kapitalmärkten finanzieren können. Deshalb ist die Schaffung einer Bank für öffentliche Anleihen so wichtig. Ich sage Ihnen: Früher oder später wird es eine solche Bank geben. Wir haben letztes Jahr vor so vielen Dingen gewarnt, und vieles ist mittlerweile eingetreten. Ich betone: Diese Entwicklung wird so stattfinden.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Wie bereits angesprochen wurde, werden nicht die Verursacher und die Profiteure der Krise zur Verantwortung gezogen - auch das ist ein Grund, gegen diesen Rettungsschirm zu stimmen -, sondern das Ganze wird auf dem Rücken der Mehrheit der Bevölkerung ausgetragen.
Ich war schockiert, als ich vor einigen Wochen in Griechenland war und dort mit vielen Menschen gesprochen habe. Die Lebenssituation vieler dort ist sehr schwierig. Viele fühlen sich von dieser Politik, die auch die Bundesregierung vorantreibt, gedemütigt. Es ist eigentlich beschämend, zu sehen, dass bei der Vergangenheit in Griechenland, die Deutschland zu verantworten hat, heute ausgerechnet die Bundesregierung und Angela Merkel den Menschen in Griechenland die Politik diktieren wollen. Ich wiederhole: Das ist beschämend. Deswegen habe ich heute gegen den Rettungsschirm gestimmt.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte mich mit den Menschen solidarisieren, die sich gegen diese Politik wehren. Ich unterstütze die Forderung der Griechen und Griechinnen, zum Ausdruck gebracht auf dem Syntagma-Platz in Athen. Diese Menschen sagen: Wir brauchen einen umfassenden Schuldenschnitt für Griechenland; anders wird es keine Zukunft für unser Land geben. - Außerdem solidarisiere ich mich mit den Menschen, die dahin gehend mobilisieren, dass am 15. Oktober ein großer Marsch der Empörten nach Brüssel stattfindet, weil sie meinen: So kann es nicht weitergehen. - Es erschüttert die ganze Demokratie in Europa, wenn wir den aktuellen Entwicklungen nicht endlich eine Politik der Menschen entgegenstellen. Diese Menschen machen sich auf den Weg, und das unterstütze ich.
(Beifall bei der LINKEN)